Regensburg:Wirte verbünden sich gegen Rechtsextreme

Neonazis müssen draußen bleiben: Nach Prügeleien und Pöbeleien wollen knapp 100 Lokalbetreiber in Regensburg Gäste mit brauner Gesinnung nicht mehr bedienen.

Max Hägler

In Regensburg haben knapp 100 Wirte und Diskotheken-Betreiber einen Aufruf gegen Rechtsextreme unterzeichnet. In dem Papier erklären sie, die immer häufiger in den Lokalen auftauchenden Rechtsextremen nicht mehr bedienen zu wollen. Außerdem wollen sie keine diskriminierenden Äußerungen dulden. Anlass für den Aufruf waren mehrere Pöbeleien und Schlägereien von Rechtsextremen in den vergangenen Wochen. "Man muss sich in frühere, unselige Zeiten zurückversetzt fühlen", heißt es in dem Papier.

Regensburg: Drei gegen Neonazis: Helga Hanusa, Juba Akili und Wirt Sion Israel im Regensburger Lokal Picasso.

Drei gegen Neonazis: Helga Hanusa, Juba Akili und Wirt Sion Israel im Regensburger Lokal Picasso.

Der schlimmste Fall ereignete sich im "Picasso", eine Straßenecke entfernt vom beliebten Touristenziel Steinerne Brücke. Am 30. Juni stürmten mehrere Glatzköpfe das Lokal und verprügelten einen 22-jährigen Barkeeper. Sie waren wohl gezielt auf der Suche nach ihm, weil er einige Tage zuvor auf der Straße vor dem Lokal eine farbige Mutter und deren Kind gegen diskriminierende Sprüche der Halbstarken verteidigt hatte.

Der Mann konnte vor den Schlägen und Tritten in einen Imbiss nebenan flüchten. Die Neonazis setzten ihm nach und versuchten, die Tür der Gaststätte einzutreten. Ein eilig als Hindernis vorgeschobener Kühlschrank verhinderte wohl Schlimmeres. Der junge Mann musste anschließend wegen Prellungen und Platzwunden behandelt werden.

Die Spuren des Überfalls sind immer noch zu sehen, es klafft noch ein Loch in der Holzverkleidung der Bar im "Picasso". "Rassisten haben bei mir nichts zu suchen", sagt dessen Wirt Sion Israel. Er hoffe, dass sich dem Aufruf noch weitere Kollegen anschließen werden. Aber er verstehe, dass manche Angst hätten wegen weiterer Racheaktionen.

Kritik an der Polizei

"Unsere Aktion ist natürlich kein Kampfsporttraining, sondern wir wollen aufmerksam machen", sagt Juba Akili, der den Aufruf mitorganisierte. Es könne nicht angehen, "dass wir Banden tolerieren, die sich an couragierten Menschen rächen".

Bei der Vorstellung der Resolution wurde auch Kritik an der Polizei laut. Diese sei zu wenig präsent in der Stadt. So wurden einige Tage nach dem Überfall auf das "Picasso" abermals Rechtsextreme aufgegriffen, unter ihnen auch einige Täter des genannten Überfalls. Bei diesem Vorkommnis grölte die Gruppe Naziparolen und zeigte den Hitlergruß. In beiden Fällen wurde kein Täter dauerhaft in U-Haft genommen. Es fehle die juristische Handhabe, teilte die Polizei mit.

Einen Anstieg von rechtsextremen Übergriffen kann das Polizeipräsidium Oberpfalz aber nicht erkennen. Im Stadtgebiet Regensburg habe es im Jahr 2008 34 derartige Straftaten gegeben, im darauffolgenden Jahr 41 und 2010 im ersten Halbjahr 18. "Auch im Zehnjahresvergleich ist da nichts besonders auffällig", sagte ein Sprecher. Zudem gebe es in Regensburg und der Oberpfalz "zum Glück nur sehr wenige Fälle von rechtsextremistisch motivierten Körperverletzungen".

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: