Regensburg:Transparency International will "Korruptionsbekämpfungsrichtlinie" nicht prüfen

Altes Rathaus in Regensburg, 2017

Besucher dürfen gerne einen Blick in den Reichssaal im Alten Rathaus werfen. Wie es hinter den Mauern sonst so zugeht, ist nicht für jeden ersichtlich.

(Foto: Stephan Rumpf)
  • Die Absage von Transparency International ist nur das jüngste Beispiel dafür, dass es die Stadt nicht schafft, Konsequenzen aus der Korruptionsaffäre zu ziehen.
  • Ende Februar hatte der Stadtrat beschlossen, die Nichtregierungsorganisation ins Regensburger Rathaus zu holen, damit deren Fachleute einen "Blick auf die Korruptionsbekämpfungsrichtlinie" werfen.
  • Ein Papier zu prüfen, das sich in der Theorie vehement gegen Korruption stemmt, sei in der Praxis sinnlos, "es sei denn, man suche nur nach einer Bestätigung, dass man alles richtig gemacht habe".
  • So hat es Transparency International der Stadt jetzt recht drastisch mitgeteilt.

Von Andreas Glas, Regensburg

Die Korruptionsbekämpfungsrichtlinie der Stadt Regensburg hat neun Kapitel, umfasst 17 Seiten und ist eine feine Sache. So fein, dass Personal- und Verwaltungsreferent Karl Eckert sagt, dass Regensburg "theoretisch sehr gut aufgestellt ist", wenn es darum geht, Korruption zu verhindern.

In der Praxis, das weiß man inzwischen, hat sich die Richtlinie nicht bewährt, weshalb der Stadtrat Ende Februar beschloss, die Nichtregierungsorganisation Transparency International ins Regensburger Rathaus zu holen, damit deren Fachleute einen "Blick auf die Korruptionsbekämpfungsrichtlinie" werfen. Nun, keine zwei Monate später, hat sich dieser ohnehin butterweiche Vorschlag als knüppelharte Blamage erwiesen.

Ein Papier zu prüfen, das sich in der Theorie vehement gegen Korruption stemmt, sei in der Praxis sinnlos, "es sei denn, man suche nur nach einer Bestätigung, dass man alles richtig gemacht habe" - so hat es Transparency International der Stadt jetzt recht drastisch mitgeteilt.

Eine Watschn ist das, auch für Bürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer (SPD), die noch in der vergangenen Woche betont hatte, wie gut es doch sei, die Korruptionsbekämpfungsrichtlinie extern prüfen zu lassen. Damit, sagte Maltz-Schwarzfischer, habe die Stadt "ein deutliches Signal gegeben, dass es uns sehr ernst damit ist", die Ursachen der Korruptionsaffäre aufzuklären.

Diese Ernsthaftigkeit steht nun einmal mehr im Zweifel. Schließlich ist die Absage von Transparency International nur das jüngste Beispiel dafür, dass es die Stadt nicht schafft, Konsequenzen aus der Korruptionsaffäre zu ziehen. Oder nicht will. Oder beides. Es ist ja keine zwei Wochen her, dass die Mehrzahl der Stadträte mal wieder die Chance liegen ließ, ihren Aufklärungswillen unter Beweis zu stellen - oder wenigstens den Anschein zu erwecken, dass dieser Wille kein Lippenbekenntnis ist.

Damals, Ende März, ging es im Stadtrat um die Zukunft des Finanzreferenten Dieter Daminger und der Baureferentin Christine Schimpfermann, deren Wiederwahl in diesem Jahr ansteht. Beide müssen sich die Frage gefallen lassen, wie der inzwischen suspendierte Oberbürgermeister Joachim Wolbergs (SPD) seine mutmaßlichen Schmiergeldgeschäfte abwickeln konnte, ohne dass die Verwaltung etwas davon mitbekam.

Die Linksfraktion hatte deshalb vorgeschlagen, die Referentenposten öffentlich auszuschreiben, statt Daminger und Schimpfermann erst mal ohne Gegenkandidaten in die Wiederwahl zu schicken, wie das in Regensburg üblich ist. Auch die Fraktionen der CSU und der ÖDP schlossen sich dieser Forderung an, doch die Rathauskoalition aus SPD, Grünen, FDP und Freien Wählern lehnte ab - mit einem Argument, das die Koalition bereits seit Monaten ins Feld führt: Gerade jetzt, in der Krise, brauche die Stadt Kontinuität. Und außerdem, sagte Bürgermeisterin Maltz-Schwarzfischer, die den suspendierten OB als Stadtoberhaupt vertritt, dürfe man die Referenten nicht zu "Bauernopfern" in der Korruptionsaffäre machen.

"In Ruhe" beraten, "nicht aus der Hüfte schießen"

"Ich glaube, dass es wichtig ist, da keine zusätzliche Unruhe reinzubringen", sagt auch SPD-Rathausfraktionschef Klaus Rappert. Und die Sache mit Transparency International? "Als Feigenblatt", um Aufklärung nur vorzutäuschen, "sollte das auf gar keinen Fall dienen." Rappert kann nachvollziehen, dass ein Anti-Korruptionspapier nichts bringe, wenn "bei Verwaltung und Politik keine Sensibilität für das Thema herrscht".

Was man jetzt alternativ tun kann, um diese Sensibilität zu überprüfen, da müsse man "in Ruhe" beraten, er wolle da "nicht aus der Hüfte schießen". Rapperts SPD-Fraktion hatte bislang den Vorschlag der CSU abgelehnt, eine private Compliance-Kanzlei zu engagieren, die analysieren soll, wie es um Transparenz und Integrität in der Rathausverwaltung steht. Nach der Absage durch Transparency International sagt Rappert: "Nachdenken muss man über alles."

Derweil wartet ganz Regensburg darauf, dass die Ermittlungen zur Korruptionsaffäre zum Abschluss kommen. Spätestens Ende Mai soll es soweit sein. Seit mittlerweile fast zehn Monaten untersucht die Staatsanwaltschaft unter anderem die Vergabe eines Baugrundstücks, die mit vermutlich verschleierten Parteispenden des Bauunternehmers Volker Tretzel an OB Wolbergs in Verbindung stehen könnte.

Die Justiz spricht vom dringenden Verdacht der Bestechung beziehungsweise Bestechlichkeit. Auch gegen Alt-OB Hans Schaidinger (CSU) laufen Ermittlungen. Es geht um sein fragwürdiges Beraterengagement bei der Firma Tretzel. In diesem Fall geht die Staatsanwaltschaft bei Tretzel inzwischen vom weniger schwerwiegenden, aber dringenden Verdacht der Vorteilsgewährung aus, nicht mehr von Bestechung.

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