Regensburg:Semesterticket vor dem Aus

"Wir sind ein Opfer unseres eigenen Erfolgs": Das Regensburger Semesterticket galt als vorbildhaft, jetzt steht es vor dem Aus. Die Studenten sollen künftig mehr für Bahn und Bus bezahlen.

Wolfgang Wittl

Steinerne Brücke in Regensburg soll saniert werden, 2007

Studenten müssen künftig mehr bezahlen, wenn sie den Bus in Regensburg benutzen wollen.

(Foto: dpa)

Das Semesterticket war etwas, worauf sie ziemlich stolz waren in Regensburg: Studenten, Stadt, Universitäts- und Hochschulleitung, Regensburger Verkehrsverbund (RVV) - alle schwärmten sie nicht zuletzt deshalb von ihrem Solidarmodell, weil es in ganz Bayern als vorbildhaft und mitunter auch etwas neidisch betrachtet wurde.

Das System ist simpel: Jeder Studierende entrichtet einen festgelegten Betrag, im Gegenzug können alle Studenten ein Semester lang das Streckennetz des RVV nutzen. Lag der Preis bei seiner Einführung vor 13 Jahren bei knapp 30 Euro, so kostete ein Semesterticket zuletzt 49 Euro. Doch nun gerät das Solidarmodell ins Wanken - und es sieht im Moment nicht danach aus, als würden die Protagonisten noch einmal zusammenfinden.

Der RVV ist zu dem Schluss gekommen, dass der bisherige Tarif keinesfalls zu halten sein wird. Dafür verantwortlich sei vor allem die gestiegene Zahl der studierenden Zugfahrgäste, die sich laut RVV-Geschäftsführer Karl Raba in den vergangenen zwei Jahren mehr als verdoppelt habe. "Wir sind ein Opfer unseres eigenen Erfolgs", sagt Raba. Dass die drei zuständigen Eisenbahnunternehmen angemessen beteiligt werden wollen, leuchtet allen Partnern ein.

DB Regio, agilis und Vogtlandbahn fordern eine Anteilserhöhung um 17,35 Euro pro Semesterticket. Da der Tickethöchstpreis in Regensburg aus Rechtsgründen jedoch maximal 63 Euro betragen darf, fordert der RVV neuerdings ein Anschlussmodell: Studenten, die in den zwei Nahbereichszonen wohnen, sollen weiterhin 49 Euro bezahlen. Wer außerhalb wohnt, müsste je nach Entfernung einen Zuschlag aufbringen. Befürworter des Modells ist der Regensburger Oberbürgermeister Hans Schaidinger, stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender des RVV. Er sieht darin "nach wie vor eine günstige Alternative für Studierende, die sich keine eigene Wohnung in Regensburg leisten können oder möchten".

Auch wegen solcher Aussagen sahen sich die Präsidenten beider Hochschulen sowie Studentenvertreter am Mittwoch in seltener Einigkeit veranlasst, "ein paar Missverständnisse aufzuklären", wie Uni-Kanzler Christian Blomeyer sagte. Sie warfen dem RVV vor, die Eisenbahnunternehmen trotz gestiegener Ticketpreise seit Jahren nicht entsprechend beteiligt zu haben. Dabei handele es sich jedoch um ein "internes Verteilungsproblem". Man habe den Verdacht, der RVV habe das Semesterticket dazu benutzt, das eigene Betriebsergebnis zu optimieren, sagte Blomeyer. Nun sollten Kosten auf die 28.000 Studenten abgewälzt werden.

Uni-Präsident Thomas Strothotte rechnete vor, dass ein Ticket statt 49 künftig bis zu 430 Euro kosten könne. FH-Präsident Wolfgang Baier und Studentensprecher Ssaman Mardi strichen den Wert des Tickets für die gesamte Region heraus. Es verhindere die Landflucht und helfe mit, den überhitzten Immobilienmarkt zu entlasten - sofern Studenten in Regensburg überhaupt noch eine bezahlbare Wohnung fänden. Wie schon im vergangenen Jahr wird das Studentenwerk auch diesmal ein Matratzenlager einrichten.

Auch Landrat Herbert Mirbeth (CSU), Aufsichtsratsvorsitzender des RVV, stellt sich gegen seinen Parteifreund Schaidinger. Er lehne das Anschlussmodell ab und plädiere stattdessen für eine Anhebung des Ticketpreises auf 59 Euro, erklärte Mirbeth. Der RVV hat so ein Angebot der Studenten indes bereits abgelehnt. Er sehe derzeit auch keine Einigungsmöglichkeit, sagte Geschäftsführer Raba. Notfalls müssten die Studenten künftig eben zu normalen Tarifen fahren.

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