Regensburg:Rocker-Chef sagt vor Gericht aus

Im Prozess geht es um Angriff der Bandidos auf verfeindete Gang

Blutige Fehden zwischen Rockerbanden sind nicht selten. Dass ein hochrangiges Mitglied dazu Aussagen bei der Justiz macht, ist hingegen ungewöhnlich. Am Montag hat sich ausgerechnet der ehemalige Präsident der Regensburger Bandidos in den Zeugenstand gewagt. Fünf Bandidos-Rocker müssen sich vor dem Landgericht Regensburg wegen Landfriedensbruch sowie gefährlicher Körperverletzung verantworten. Sie sollen in der Nacht zum zweiten Weihnachtsfeiertag 2010 in Straubing Mitglieder des dortigen Motorradclubs Gremium angegriffen und mit Messerstichen erheblich verletzt haben.

Der Ehrenkodex des Rockerclubs verbiete es normalerweise, mit der Polizei zu sprechen. "Wir sagen unseren Namen und unsere Anschrift. Sonst sagt man nix", erläuterte der 47-Jährige vor Gericht. Nachdem jedoch seine Frau bedroht worden sei, habe er sich entschlossen, mit der Staatsanwaltschaft über den Vorfall zu reden. Dafür sei er ins Zeugenschutzprogramm gekommen und es seien ihm Zusagen für seinen eigenen Prozess gemacht worden. Er war im März 2014 wegen Diebstahls und diverser Drogendelikte zu vier Jahren Haft verurteilt worden und sitzt noch im Gefängnis. V-Mann der Polizei oder des Verfassungsschutzes sei er aber nie gewesen, betonte er.

Viel Erhellendes konnte der Kronzeuge am Montag nicht beitragen. Er selbst war bei der Attacke nicht dabei und will seine Informationen nur vom Hörensagen haben. Dabei habe er erfahren, dass der Überfall nicht geplant und auch nicht mit der obersten Führungsriege abgestimmt gewesen sei. "Wir hatten vereinbart, dass wir Gremium nicht angreifen, sondern nur provozieren", sagte der frühere Präsident der Bandidos. Die etwa acht Bandidos-Mitglieder hätten sich den Schilderungen zufolge in einigen Kneipen in Straubing aufgehalten, sagte der Ex-Präsident. Als dann einige verfeindete Gremium-Rocker auftauchten, habe man einen sogenannten Ausfall gestartet, um aus der Stadt zu verschwinden.

Der Kronzeuge bestätigte, dass einige Angeklagte, unter ihnen auch das Vorstandsmitglied der bayerischen NPD, Sascha Roßmüller, an der Attacke beteiligt gewesen seien. Einige Kameraden hätten sich später über Roßmüller geärgert, der nach dem Angriff zunächst verschwunden war, obwohl ein Bandido schwer verletzt worden war. "Er wurde sogar als Feigling bezeichnet", sagte der Kronzeuge. Der Prozess wird am Mittwoch fortgesetzt.

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