Regensburg: Neonazi festgenommen:Haftgründe gesammelt

Er prügelte, randalierte und grölte Nazi-Parolen: Insgesamt zehn Straftaten soll ein Regensburger Neonazi begangen haben, bevor er nun in Untersuchungshaft kam. Doch vor der eigentlichen Anklage könnte er wieder freikommen.

Max Hägler

Manchmal, so sagt der Regensburger Staatsanwalt Wolfhard Meindl, bleibe einfach nichts anderes als abzuwarten. Abzuwarten, dass ein Straftäter noch mehr Delikte begeht und sich daraus ein wasserdichter Haftgrund ergibt. "Denn das Unterbinden weiterer Taten ist kein eigener Haftgrund."

Und so hat es zehn Straftaten gebraucht, bis jetzt ein Regensburger Neonazi wieder hinter Gittern kam. Erst im Februar war er aus dem Gefängnis entlassen worden, offenbar ohne Lerneffekt. Der 25-Jährige verschreckte seitdem Stadt und Landkreis. An Fasching verprügelte er drei Menschen, im Mai randalierte er in einer Gaststätte und verletzte einen Polizisten. Im Juni beleidigte er in eine afrikanische Studentin und zeigte den Hitlergruß.

Für das meiste Aufsehen sorgte aber sein Überfall auf einen Barkeeper der Regensburger Altstadtkneipe "Picasso". Ende Juni soll er mit mehreren Begleitern aus der Skinhead-Szene dort den 22-jährigen Mann zusammen geschlagen haben. Das Opfer konnte sich in ein Nachbarlokal retten. Die Schläger verfolgten ihn und beschädigten die Fluchttür.

Nach Angaben der Ermittler wollten sich die Neonazis wohl rächen für das couragierte Auftreten des Barmanns. Er hatte einige Tage vor dem Angriff eine Passantin gegen rechtsextreme Beleidigungen verteidigt. Die Täter wurden nach dem Überfall festgenommen. Über 100 Regensburger Gaststättenbesitzer gründeten spontan eine Initiative gegen Rechtsextreme.

Der 25-jährige mutmaßliche Rädelsführer und seine Kumpanen kamen schnell wieder auf freien Fuß. Der Überfall rechtfertige keine dauerhafte Untersuchungshaft, teilten die Ermittler nach dem Angriff auf das "Picasso" mit. Erst als der 25-Jährige beschuldigt wurde, in den vergangenen Wochen weitere Menschen angegriffen und beleidigt zu haben, war nach Ansicht der Staatsanwaltschaft das Maß erreicht, um ihn bis zu einem Prozess in Untersuchungshaft zu nehmen. Der Rechtsextreme soll unter anderem wieder Hitlerparolen gebrüllt und im September einem Besucher der Regensburger Herbstdult einen Maßkrug über den Schädel geschlagen haben.

"Es gibt als Gründe für Untersuchungshaft nur Fluchtgefahr, Verdunkelungsgefahr und Wiederholungsgefahr", erklärt Staatsanwalt Meindl das lange Zögern seiner Behörde. Der Punkt der Wiederholungsgefahr fordere aber gravierende Delikte und könne nicht etwa auf Beleidigungen angewandt werden. Erst durch die Vielzahl der Straftaten sei nun eine Strafhöhe zu erwarten, die für einen Täter Fluchtgrund sein könnte - und damit eine Inhaftierung rechtfertige. Man versuche nun, alle zehn Straftaten detailliert zu ermitteln. Mit einer Anklage sei aber erst 2011 zu rechnen.

Die Wirte-Initiative wollte die Festnahme nicht bewerten. Mit einem geschickten Anwalt könne der Mann wieder freikommen, hieß es. Man arbeite deshalb weiter gemeinsam an dem erklärten Ziel, keine Rechtsextremen mehr zu bedienen. Gerade würden entsprechende Aufkleber entworfen.

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