Rechtsextreme:500 Menschen protestieren gegen Nazi-Kundgebung

Alljährlich treffen sich in Oberfranken Rechtsextreme, um an Hitler-Stellvertreter Rudolf Heß zu erinnern. Die diesjährige Demonstration blieb ohne Ausschreitungen, vier Menschen wurden festgenommen.

Rund 500 Menschen haben am Samstag gegen einen Neonazi-Aufmarsch im oberfränkischen Wunsiedel demonstriert. Nach Polizeiangaben rinnerten rund 150 Neonazis mit einem Gedenkmarsch an den verstorbenen NPD-Bundesvize Jürgen Rieger. Damit beteiligten sich auf beiden Seiten weniger Demonstranten an der Kundgebung als von der Polizei erwartet wurde. Im Vorfeld war von bis zu 350 Rechtsextremen und etwa 2000 Gegendemonstranten die Rede gewesen. Letztes Jahr waren noch etwa 850 Rechtsradikale dem Aufruf zu einem Gedenkmarsch für Rieger gefolgt.

Neo-Nazis Commemorate The Death Of Rudolf Hess

Weniger Neonazis als erwartet kamen zur Demonstration in Wunsiedel. 150 Rechtsextreme erinnerten an den in Wunsiedel beerdigten Hitler-Stellvertreter Rudolf Heß und an den im letzten Jahr verstorbenen NPD-Vize Jürgen Rieger.

(Foto: Getty Images)

Zu den Protestaktionen gegen die Neonazis hatte das Bündnis "Wunsiedel ist bunt, nicht braun" aufgerufen. Ihm gehören alle demokratischen Parteien, die Kirchen, Gewerkschaften, Jugendorganisationen und Vereine an. Zur Erinnerung an die 30 Opfer zweier Todesmärsche in den letzten Tagen des Zweiten Weltkrieges und der knapp 150 Todesopfer rechtsextremer Gewalt in Deutschland seit 1990 schritten die Nazi- Gegner einen Teil des Weges dieser Todesmärsche ab.

Bei einer Kundgebung riefen Redner dazu auf, dumpfen, rassistischen, fremdenfeindlichen und antisemitischen Parolen der NPD entschieden entgegenzutreten. SPD-Landeschef Florian Pronold forderte Rahmenbedingungen, die es Parteien wie der NPD unmöglich machen, Jugendliche zu rekrutieren.

Die Polizei hatte bereits am Samstagvormittag vier Menschen festgenommen, weil sie Waffen bei sich trugen und damit gegen das Versammlungsgesetz verstießen. Einer der Festgenommenen hatte ein Messer bei sich und ist laut Polizeiangaben dem rechten Spektrum zuzuordnen. Ein weiteres Messer sowie ein Tierabwehrspray wurden sichergestellt.

Am Freitag vor einer Woche hatte das Verwaltungsgericht Bayreuth den Gedenkmarsch erlaubt, der zuvor vom Landratsamt Wunsiedel verboten worden war. Die Behörde sah einen Zusammenhang zu den verbotenen Kundgebungen für den Hitler-Stellvertreter Rudolf Heß, der in Wunsiedel begraben ist. Gegen das Verbot hatte die Partei erfolgreich geklagt.

Seit dem Tod von Heß im August 1987 versuchen rechtsextreme Gruppen regelmäßig, in Wunsiedel Gedenkmärsche abzuhalten. Die Aufmärsche in der Stadt im Fichtelgebirge fanden immer mehr Zulauf, führten aber auch zu Protestaktionen, die auch immer mehr autonome Gruppen anlockten. Nach Auseinandersetzungen zwischen dem linken und dem rechten Spektrum waren die Aufmärsche in Wunsiedel von 1991 bis 2000 verboten. Die rechte Szene wich auf andere deutsche Städte aus.

2001 hob der Bayerische Verwaltungsgerichtshof das Demonstrationsverbot auf. 2005 wurde der Volksverhetzungs-Paragraf im Strafgesetzbuch eingeführt. Damit gelang es, die Gedenkmärsche zu verhindern, an denen zuletzt wieder bis zu 5000 Rechtsextreme teilnahmen.

Den Tod des stellvertretenden NPD-Bundesvorsitzenden Jürgen Rieger nutzen die Neonazis im vergangenen Jahr erstmals wieder für einen Gedenkmarsch, nach dem das Versammlungsverbot von den Verwaltungsgerichten aufgehoben worden war. Die Richter waren zwar ebenfalls der Auffassung der Behörden, dass der Gedenkmarsch für Jürgen Rieger im weitesten Sinne eine Ersatzveranstaltung für die verbotenen Heß-Kundgebungen darstellt. Die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes gegen die Verherrlichung nationalsozialistischer Gewalt könnten jedoch durch Auflagen für die Kundgebung eingehalten werden, hieß es in der Begründung. Die Auflage besteht dabei darin, dass die Neonazis auf ihren Transparenten den NS-Kriegsverbrecher Rudolf Heß nicht erwähnen dürfen.

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