Rauchverbot in Bayern:Ein Gesetz, das nicht schützt

Auf den ersten Blick sieht es so aus, als wenn Karlsruhe die Anti-Raucher-Linie der Staatsregierung bestätigt hätte. Doch das täuscht.

A. Ramelsberger

Auf den ersten Blick sieht es so aus, als wenn das Bundesverfassungsgericht die strenge Anti-Raucher-Linie der bayerischen Staatsregierung in allen Punkten bestätigt hätte. Unzumutbare wirtschaftliche Belastungen für die Gaststätten seien durch das Rauchverbot in Lokalen nicht zu erkennen, erklärt das Gericht. Auch das Verbot des Rauchens in Festzelten sei nicht zu beanstanden, und selbst die Bestimmungen für die so genannten Raucherclubs sieht das Gericht als gesetzeskonform an.

Rauchverbot, ddp

Karlsruhe hat den Status quo in Bayern festgeschrieben - und der ist geprägt von einer Vielzahl kreativer, oft geradezu anarchischer Methoden, das Verbot zu unterlaufen.

(Foto: Foto: ddp)

Ein Beschluss, hundertmal klarer als das Urteil, das das höchste deutsche Gericht vor zwei Wochen zum Rauchverbot in Berlin und Baden-Württemberg gefällt hat. Soweit der erste Blick.

Auf den zweiten Blick aber hat das Bundesverfassungsgericht nur den Status quo in Bayern festgeschrieben - und der ist geprägt von einer Vielzahl kreativer, oft geradezu anarchischer Methoden, das Verbot zu unterlaufen. Über 8000 kleine Kneipen haben sich in den vergangenen Monaten in Raucherclubs verwandelt.

Dass sie - so das Gericht - einen "abrufbaren Mitgliederstand" haben müssen, am Einlass kontrollieren und "Laufkundschaft" die Türe weisen müssen - das interessiert in Wirklichkeit keinen. Es wird fast überall wieder geraucht, was die Lunge aushält.

Mit der Legalisierung der Raucherclubs hat das Gericht den vom Landtag gewollten Nichtraucherschutz in Wirklichkeit ausgehebelt. Nun ist es den Wirten überlassen, ob bei ihnen geraucht wird oder nicht. Wirte sind Geschäftsleute und machen diese Entscheidung von den Kunden abhängig. Speiselokale, in denen es Gäste als Wohltat empfinden, beim Vier-Gänge-Menue nicht mehr eingenebelt zu werden, werden auf das Gesetz verwiesen. Die meisten anderen Kneipen aber werden offen oder unter der Hand zu Raucherclubs mutieren.

Das Gericht hat das Rauchverbot dem freien Spiel der Kräfte überlassen. Denn eines wird nicht geschehen: Dass nun die Zivilstreifen der städtischen Aufsichtsämter von Kneipe zu Kneipe ziehen und die Mitgliederausweise kontrollieren.

Im besten Fall entwickelt sich nun ein freundliches Nebeneinander von Leben und Rauchen lassen. Im schlimmsten Fall aber werden die Raucher alle anderen weiter einnebeln und hämisch darauf hinweisen, dass man als Nichtraucher doch einfach nach draußen gehen kann.

Um diesen altbekannten Effekt zu erzielen, wurde ganz schön viel Aufwand getrieben.

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