Rauchverbot auf der Wiesn:Vom Propheten zum Pragmatiker

Vor wenigen Wochen noch haben sie vor Chaos gewarnt, jetzt wollen sie das Rauchverbot doch in diesem Jahr umsetzen: Nehmen die Wiesnwirte ihre eigenen Prognosen nicht ernst?

Stefan Simon

Was für ein Sinneswandel: Der Weltuntergang, den die Wiesnwirte angekündigt hatten, sollte es je ein Rauchverbot auf dem Oktoberfest geben, ist überraschend schnell abgesagt worden. Düster hatte Wirtesprecher Toni Roiderer in den Tagen vor dem Volksentscheid vorhergesagt, die Leute zum Rauchen aus dem Zelt zu schicken, sei nicht durchsetzbar: "Chaos und Ärger sind programmiert."

Die Stadt plante bereits für dieses Jahr bereits Sonderregeln, doch aus denen wird nun nichts, denn: Derselbe Toni Roiderer erklärte jetzt, dass die Wirte auf die "Lex Wiesn" verzichten und sich freiwillig um den Schutz der Nichtraucher kümmern wollen.

Nimmt der Nostradamus aus dem Isartal seine eigene Prophezeiung nicht ernst - oder war sie gar nie ernst gemeint? Nun, der Wirt als solcher gilt gemeinhin als pragmatisches Lebewesen. Also gibt Roiderer, selber Nichtraucher, eine neue Devise für die Wiesn aus: "Es gibt genügend andere Volksfeste, die müssen's schaffen, dann werden wir es auch schaffen."

Natürlich weiß er, der ja auch selbst Nichtraucher ist, dass das bisher geltende Rauchverbot der Gastronomie keinen Schaden zugefügt hat - im Gegenteil. Es wird nicht zum Schaden der Wirte sein: In den Zelten laufen in Zukunft halt keine "Zigarren! Zigaretten!"-Schreier mehr durch die Tischreihen, um überteuerte Tabakprodukte feilzubieten. Den Gästen bleibt dafür mehr Geld, um überteuertes Bier zu kaufen.

Während so die Wirte der Jubiläumswiesn ein besonders schönes Geburtstagsgeschenk machen, dürfen sich die Politiker mal wieder düpiert fühlen. Erst mussten die Wähler den Eiertanz der Gewählten um den Nichtraucherschutz beenden. Und nun müssen auch noch die Gegner des Rauchverbots dessen Umsetzung forcieren. Man darf gespannt sein, was die Befürworter der "Lex Wiesn" jetzt machen. Vielleicht bleiben sie dem Oktoberfest dieses Jahr aus Protest fern - um zu Hause gemütlich eine zu rauchen.

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