Raphael Müller:Ein Autist, der wahre Wunder denkt

Raphael Müller: Mit Delfinen planschen, darüber freut sich wahrscheinlich jedes Kind. Raphael Müller ist da kein bisschen anders.

Mit Delfinen planschen, darüber freut sich wahrscheinlich jedes Kind. Raphael Müller ist da kein bisschen anders.

(Foto: oh)

Raphael Müller ist schwer behindert und auf fremde Hilfe angewiesen. Sprechen kann der 17-Jährige nicht - aber Gedichte schreiben.

Von Markus Mayr

Reden zu können, war Raphael Müller nie vergönnt. Bereits im Mutterleib zieht ein Schlaganfall Teile seines Gehirns schwer in Mitleidenschaft. Von Geburt an leidet Raphael unter Autismus, nach wenigen Monaten stellen die Ärzte die Diagnose. Ein schwerer Schlag für die Eltern. Sie können sich damals nicht vorstellen, wie ihr Leben und das Leben ihres Sohnes künftig aussehen soll.

Die Familie verfällt in Schockstarre. Doch irgendwann sagt der Vater: "Rafael braucht uns." Sie rappeln sich wieder auf, kämpfen für ein lebenswertes Leben für ihren Sohn. Heute ist es vor allem die Mutter, Ulrike Müller, die ihr schwer behindertes Kind fördert, wo sie nur kann. Ohne ihr Engagement hätte wohl niemand je entdeckt, welch ein wacher Geist in diesem arg beeinträchtigten Körper wohnt.

Raphael sitzt im Rollstuhl, er ist auf fremde Hilfe angewiesen. Sonst hätte sein Körper wohl kaum die nunmehr 17 Lebensjahre überstanden. Trotz immenser Förderung, ärztlicher Behandlung und einer Therapie mit Delfinen - Raphael ist in all den Jahren stumm geblieben, das Sprechen hat er nie gelernt. Dafür lernte seine Mutter im Laufe der Jahre etwas anderes, nämlich dass stumm nicht unbedingt leise heißen muss.

Tatsächlich jauchzt Raphael ab und an, auch vor Freude, und das ist kaum zu überhören. Doch auch auf anderer Ebene hat der Junge gelernt, sich Gehör zu verschaffen. Raphael schreibt Texte, mit Hilfe der sogenannten Gestützten Kommunikation - einem Verfahren, das es kommunikationsbeeinträchtigten Personen ermöglicht, sich der Außenwelt mitzuteilen.

Raphael ist so zu einem wortgewandten Botschafter für die Teilhabe behinderter Menschen am Leben von Gesunden geworden. "Kaum jemand hierzulande glaubt, dass körperliche und kognitive Entwicklung so weit auseinanderklaffen können", sagt Ulrike Müller. Doch der 17 Jahre alte jugendliche Autist beweist jedem, der von ihm liest, dass wahre Wunder gedacht werden können.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: