Prozesse:Rechtsextremist will nicht mehr als Rechtsextremist gelten

'Wehrsportgruppe Hoffmann'-Gründer verklagt den Staat

Karl-Heinz Hoffmann will sich vor Gericht wehren, dass bestimmte Eindrücke entstehen - Urteile in den aktuellen Fällen stehen noch aus.

(Foto: dpa)
  • Karl-Heinz Hoffmann gründete 1973 die "Wehrsportgruppe Hoffmann", eine Art Privatarmee mit mehr als 400 Mitgliedern. 1980 wurde die Gruppe verboten.
  • Hoffmann trat in den vergangenen Jahren bei rechtsextremistischen Veranstaltungen als Redner auf.
  • Immer wieder klagt er gegen Journalisten, die ihn in die Nähe des rechtsextremistischen Milieus rücken.

Von Claudia Henzler

Dieses Jahr wird Karl-Heinz Hoffmann 80 Jahre alt. Der Gründer der ehemaligen paramilitärischen "Wehrsportgruppe Hoffmann" (WSG) wirkt zwar noch sehr rüstig, doch viel Zeit bleibt ihm wohl nicht, um sein Bild in der Geschichte zu korrigieren. Das aber hat er vor. Er will nicht mehr als Rechtsextremist gelten - und schon gar nicht mit dem Münchner Oktoberfestattentat von 1980 und anderen Morden in Zusammenhang gebracht werden.

Deshalb verklagt Hoffmann immer wieder Journalisten auf Unterlassung und Schmerzensgeld. Am Donnerstag wurden zwei Klagen vor der Zivilkammer des Landgerichts Nürnberg verhandelt.

Es ging um einen Beitrag des NDR-Journalisten Patrick Gensing für die Webseite tagesschau.de. Nach Hoffmanns Ansicht wird darin der Eindruck erweckt, Mitglieder der WSG oder gar Hoffmann selbst hätten in den Siebzigerjahren mit Waffen gehandelt und Menschen getötet. Die zweite Klage richtete sich gegen Ulrich Chaussy, einen BR-Journalisten.

Hoffmann wirft ihm vor, bei einem Vortrag in Erlangen gesagt zu haben, dass Hoffmann der Drahtzieher des Oktoberfestattentats war. Das schließt er aus einem Bericht in den Erlanger Nachrichten. Chaussy bestreitet das und verweist nicht nur auf sein Redemanuskript, sondern auch auf die Aussage des Erlanger Journalisten.

In der Verhandlung wurde deutlich, dass es Hoffmann nicht nur darum geht, was ihm konkret in Text und Rede zu Last gelegt wurde - oder eben nicht. Er will sich dagegen wehren, dass der Eindruck erweckt worden sein könnte, er sei ein Terrorist oder Mörder. Entsprechende Anträge wies die Vorsitzende Richterin zurück. Das Gericht werde nur der Frage nachgehen, ob die Journalisten tatsächlich behauptet haben, dass Hoffmann persönlich mit Waffen handelte oder Menschen ermordete. Zweifel daran wurden in der Verhandlung deutlich. Die Urteile stehen noch aus.

Warum Hoffmann immer wieder in Zusammenhang mit dem Oktoberfestattentat und einem Doppelmord genannt wird: Gundolf Köhler, der 1980 in München zwölf Menschen und sich selbst mit einer Bombe getötet haben soll, war ein Sympathisant der WSG. Und drei Monate nach dem Attentat wurden in Erlangen der damalige Vorsitzende der Israelitischen Kultusgemeinde Nürnberg und seine Partnerin erschossen. Der mutmaßliche Täter war WSG-Mitglied und wohnte bei Hoffmann, konnte aber nicht verhaftet werden, weil er aus Deutschland floh und Suizid beging.

Die WSG wurde zum Kult in der Neonaziszene

Hoffmann war damals angeklagt worden - unter anderem wegen des Verdachts, an den Morden beteiligt zu sein. Er wurde vom Mordvorwurf freigesprochen. 1984 wurde er wegen Verstößen gegen das Waffen- und Sprengstoffgesetz, Körperverletzung und Freiheitsberaubung zu neun Jahren Gefängnis verurteilt. Als er schon 1989 wieder freikam, war die WSG in der Neonaziszene zum Kult geworden.

Hoffmann hatte die Wehrsportgruppe 1973 gegründet, eine Art Privatarmee mit mehr als 400 Mann, die in den fränkischen Wäldern Waffenübungen machten. Sie wurde 1980 verboten. Hauptquartier war das Schloss Ermreuth nördlich von Nürnberg, in dem sich im Dritten Reich eine NSDAP-Gauführerschule befand und in dem Hoffmann nach wie vor lebt.

In den vergangenen Jahren trat er immer wieder als Redner im rechten und rechtsextremen Milieu auf. Auch 2016 war Hoffmann mehrmals vor Gericht gezogen. Unter anderem hatte er erfolglos gegen die Feststellung der bayerischen Staatsregierung geklagt, Hoffmann sei "seit 2010 wieder öffentlich mit rechtsextremistischen Aktivitäten in Erscheinung getreten".

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