Prozess:Zeuge soll Meineid für Gustl Mollath geleistet haben

Prozess Gustl Mollath

Das Landgericht Regensburg hatte Gustl Mollath 2014 im Wiederaufnahmeverfahren freigesprochen. Nun ermittelt die Staatswanwaltschaft gegen einen Zeugen.

(Foto: dpa)
  • Die Staatsanwaltschaft Regensburg hat den Zahnarzt B., einen Freund von Gustl Mollath, wegen des Verdachts des Meineids und der uneidlichen Falschaussage angeklagt.
  • Er hatte im Wiederaufnahmeprozess gegen Mollath ausgesagt, die Ehefrau von Gustl Mollath habe ihn telefonisch vor einer geplanten Racheaktion gegen ihren Mann gewarnt.

Von Hans Holzhaider

Es war ein etwas bizarrer Moment im Gerichtssaal im Regensburger Landgericht. Donnerstag, 10. Juli 2014, der vierte Verhandlungstag im Prozess gegen Gustl Mollath. Soeben hatte der Zeuge Edward B., Zahnarzt aus Bad Pyrmont, seine Aussage beendet. Jetzt sollte er vereidigt werden. Eindringlich führte die Vorsitzende Richterin Elke Escher dem Zeugen die gravierenden Folgen einer Falschaussage vor Augen.

Schon die uneidliche Falschaussage wird mit mindestens drei Monaten Freiheitsstrafe geahndet. Wenn der Zeuge falsch schwört, liegt die Mindeststrafe sogar bei einem Jahr. Edward B. schien sich nicht ganz schlüssig zu sein. "Ich würde gern nur meine Kernaussage beschwören", sagte er. Die Richterin lächelte. Das, sagte sie, sei in der Prozessordnung leider nicht vorgesehen. "Na gut", sagte Edward B., "dann schwöre ich halt."

Er hätte vielleicht doch etwas länger nachdenken sollen. Denn jetzt muss Edward B. nicht mehr als Zeuge, sondern als Angeklagter vor dem Amtsgericht Regensburg erscheinen. Die Staatsanwaltschaft ist überzeugt, dass der Zahnarzt einen Meineid geschworen hat, um seinem Freund Mollath einen Dienst zu erweisen.

Die Affäre Mollath hatte zuvor fast zwei Jahre Justiz und Politik in Bayern in Turbulenzen gestürzt. Sieben Jahre saß Mollath gegen seinen Willen in der geschlossenen Psychiatrie. Er war angeklagt, seine Ehefrau misshandelt und etliche Autoreifen angestochen zu haben. Mehrere Psychiater attestierten ihm - zum Teil, ohne ihn je gesehen zu haben - eine psychische Störung.

Mollath beteuerte seine Unschuld und beschuldigte seine mittlerweile von ihm geschiedene Ehefrau, eine Bankerin, ein Komplott gegen ihn geschmiedet zu haben, um ihre kriminellen Geldgeschäfte mit Schweizer Banken nicht auffliegen zu lassen. Monatelang beherrschte die Affäre die Schlagzeilen in den bayerischen Medien, bis das Justizministerium ein Einsehen hatte und die Staatsanwaltschaft anwies, das Verfahren gegen Gustl Mollath wieder aufzunehmen.

Ein "hundertprozentig harmonisches Paar"

Nun stand Mollath also wieder vor Gericht, und der Zahnarzt Edward B. war ein wichtiger Zeuge für ihn. B. kannte Mollath aus früheren Zeiten, als sie noch gemeinsam ihrer Leidenschaft für schnelle Sportwagen gefrönt hatten. Damals hing der Haussegen zwischen den Eheleuten Mollath noch nicht schief. Ein "hundertprozentig harmonisches Paar" seien sie gewesen, sagte der Zeuge. Der Gustl habe ihm dann allerdings von den finsteren Geldgeschäften seiner Frau erzählt, und er habe mitbekommen, "dass da eine gewisse Disharmonie entsteht".

Aber auf das, was dann kam, sei er doch nicht gefasst gewesen. Eines Tages habe er auf seinem Anrufbeantworter eine Nachricht von Mollaths Ehefrau gehabt: Er solle sich doch mal mit dem Gustl befassen, der mische sich in ihren Beruf ein, sie lasse sich das nicht mehr gefallen. Er habe darauf nicht reagiert, weil er sich nicht in das Privatleben seines Freundes einmischen wollte.

Dann aber habe Frau Mollath ein zweites Mal angerufen, mit sehr strenger Stimme, "fast hysterisch". Edward B. erinnerte sich genau an den Wortlaut: "Wenn Gustl mich und meine Bank anzeigt, mache ich ihn fertig. Ich habe sehr gute Beziehungen, dann zeig' ich ihn auch an. Das kannst du ihm sagen: Der ist doch irre, den lass ich auf seinen Geisteszustand überprüfen. Dem häng' ich was an, und ich weiß auch schon, was."

"Da gibt es gar nichts zu deuteln"

Für Mollath und seine Verteidiger war diese Aussage ein Geschenk. Das war ja, wenn es stimmte, der Beweis für die bösen Absichten der Frau Mollath. Der Staatsanwalt und das Gericht freilich waren skeptisch. War es nicht seltsam, dass Edward B. den Wortlaut dieses Gesprächs nach mehr als zwölf Jahren noch so genau im Gedächtnis hatte? Aber der Zahnarzt konnte das erklären: Er habe sich damals auf seiner Schreibtischunterlage einige Stichworte notiert, und den Inhalt des Gesprächs wenig später auf einem Schmierzettel niedergeschrieben.

Der Zettel sei leider verloren gegangen, aber die Schreibtischunterlage und seinen Jahreskalender, in dem er das Datum des Anrufs eingetragen hatte, überreichte er dem Gericht. "Dieses Telefonat habe ich noch heute im Ohr", versicherte er. "Da gibt es gar nichts zu deuteln."

Im Juni 2013, mehr als ein Jahr vor dem Wiederaufnahmeprozess gegen Gustl Mollath, hatte Edward B. inhaltlich die gleiche Aussage auch vor dem Mollath-Untersuchungsausschuss des bayerischen Landtags gemacht. Dort musste er allerdings nicht schwören. Jetzt hat die Staatsanwaltschaft Regensburg B. wegen des Verdachts des Meineids und der uneidlichen Falschaussage angeklagt. B. habe gewusst, dass seine Aussage nicht der Wahrheit entsprach, heißt es in der Anklage.

Ihm sei bewusst gewesen, dass Mollaths Ehefrau ihn weder, wie von ihm behauptet, am 31. Mai 2002 angerufen, noch irgendwann sonst die von ihm behauptete Äußerung gemacht habe. Auch die Behauptung, er habe den Anruf auf der Schreibtischunterlage notiert, sei falsch. Diese Notiz habe der Zahnarzt in Wirklichkeit erst Jahre später angefertigt.

Auf welche Beweise sich die Anklage stützen kann, wird man erst in der Verhandlung erfahren, die am 22. März vor dem Amtsgericht Regensburg beginnt. Das Gericht hat acht Zeugen geladen und bisher acht Verhandlungstage für den Prozess angesetzt.

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