Prozess um Schießerei im Zug:"Er wäre über Leichen gegangen"

Prozess nach Schüssen in Zug

Weil er in einem voll besetzten Zug mehrmals auf Polizeibeamte geschossen hat, ist ein 45-Jähriger zu lebenslanger Haft verurteilt worden.

(Foto: dpa)
  • Vor einem Jahr schoss ein Mann in einer vollbesetzten Regionalbahn im Allgäu auf zwei Polizisten.
  • Die Schießerei passierte bei einer Routinekontrolle. Zwei Bundespolizisten wollten den per Haftbefehl gesuchten Begleiter des 45-Jährigen festnehmen. Das wollten die Männer offenbar verhindern.
  • Nun wurde der 45-Jährige zu einer langen Haftstrafe verurteilt.

Ein Jahr nach einer dramatischen Schießerei in einer Regionalbahn im Allgäu ist ein 45 Jahre alter Mann zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Das Landgericht Kempten sprach den Augsburger am Mittwoch des versuchten Mordes schuldig. In dem mit 300 Fahrgästen besetzten Zug hatte er mehrere Schüsse auf zwei Polizeibeamte abgegeben.

Als "völlig sinnlose Tat" bezeichnete der Vorsitzende Richter die Schießerei in der Regionalbahn im Allgäu, zu der es nach einer Routinekontrolle gekommen war.

"Ich knall' euch ab, ihr kriegt mich nicht"

Der Zug Alex 84148 verließ am 21. März um 13.19 Uhr den Hauptbahnhof München in Richtung Kempten. In ihm saßen viele Pendler auf dem Weg nach Hause. Bis sie bei Kaufbeuren von den Schüssen aufgeschreckt wurden.

Zwei Bundespolizisten wollten den per Haftbefehl gesuchten Begleiter des 45-Jährigen festnehmen. Der 20-Jährige sollte wegen räuberischen Diebstahls für zwei Jahre und fünf Monate ins Gefängnis. Um die Festnahme zu verhindern, ging das Duo auf die Polizisten los. Der 20-Jährige nahm einem die Dienstwaffe ab und gab sie seinem Komplizen, der danach nach Auffassung des Gerichts "kaltblütig und ohne Vorwarnung" drei Schüsse auf einen der Beamten abfeuerte. Eine kugelsichere Weste rettete dem Polizisten das Leben.

Nach einer Verfolgungsjagd durch die Waggons kam es erneut zu einem Schusswechsel, an dem auch ein zufällig im Zug anwesender Polizist des Bayerischen Landeskriminalamtes (LKA) beteiligt war. "Ich knall' euch ab, ihr kriegt mich nicht", rief der 45-Jährige den Beamten zu. Das Gericht ist überzeugt: Um die Festnahme seines Komplizen oder seine eigene zu verhindern, wäre der Angeklagte dazu bereit gewesen. "Er wäre über Leichen gegangen", sagte der Richter. Doch die Waffe des Angeklagten war von einem Schuss des LKA-Beamten getroffen worden und nicht mehr funktionsfähig.

Beide Täter sprangen schließlich bei voller Fahrt aus dem Zug. Der 20-Jährige geriet dabei unter die Räder und wurde tödlich verletzt. Der 45-Jährige überlebte mit schwersten Verletzungen. Auch die beiden Bundespolizisten wurden schwer verletzt.

Wie der Angeklagte das Urteil aufgenommen hat

Der Angeklagte schwieg sich während des gesamten Prozesses zu den Vorwürfen aus. Das Urteil nahm er am Mittwoch äußerlich regungslos auf. Als "Gewohnheitskriminellen" bezeichnete ihn der Richter. Der Angeklagte saß bereits wegen mehrerer Straftaten - unter anderem wegen räuberischen Diebstahls und erpresserischen Menschenraubs - im Gefängnis.

Weil das Gericht bei ihm einen Hang zum übermäßigen Konsum von Betäubungsmitteln sieht, ordnete es die Unterbringung des Mannes in einer Entziehungsanstalt an. Auch am Tattag hatte der Angeklagte Cannabis und Badesalz konsumiert. Das Gericht stufte ihn trotzdem als voll schuldfähig ein. "Die Trefferquote bei den Schüssen war durchaus hoch", sagte der Richter.

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