Prozess um Islamisten:Erhan A. wurde zu Recht ausgewiesen

Prozess um Islamisten: Er gehörte zu einer Gruppe radikaler Islamisten: Erhan A.

Er gehörte zu einer Gruppe radikaler Islamisten: Erhan A.

(Foto: Matthias Ziegler/soothing shade)
  • Die Ausweisung des Kemptener Islamisten Erhan A. im vergangenen Jahr war rechtmäßig.
  • Das Verwaltungsgericht Augsburg hat eine Klage des 22-Jährigen gegen den Freistaat Bayern zurückgewiesen.
  • Erhan A. war im Oktober 2014 in die Türkei abgeschoben worden, nachdem er in einem Interview mit dem Magazin der Süddeutschen Zeitung für den Isalmischen Staat geschwärmt hatte.

Von Frederik Obermaier, Augsburg

Die Ausweisung des Kemptener Islamisten Erhan A. im vergangenen Jahr war rechtmäßig. Das Verwaltungsgericht Augsburg wies am Dienstag eine Klage des 22-Jährigen gegen den Freistaat Bayern zurück. Die erste Kammer des Verwaltungsgerichts Augsburg wertete die Entscheidung, den jungen Mann auszuweisen, als verhältnismäßig und "rechtlich nicht zu beanstanden". Erhan A. habe mit seinen Äußerungen die Dschihadisten des "Islamischen Staats" unterstützt. Der Kemptener war im Oktober 2014 in die Türkei abgeschoben worden, nachdem er in einem Interview mit dem Magazin der Süddeutschen Zeitung für die Terrorgruppe geschwärmt hatte.

Der Darstellung des Freistaats, Erhan A. habe eine Gefahr für die Bundesrepublik dargestellt, schloss sich das Gericht am Dienstag nicht an. Wegen einer Straftat ist er in Deutschland bis heute nie verurteilt worden. Erhan A. war allerdings laut Aussage der Polizei im November 2013 Richtung Syrien ausgereist, um sich dem "Islamischen Staat" anzuschließen. In der Türkei war er jedoch umgekehrt und nach einigen Monaten nach Kempten zurückgereist. Dort habe er zum "harten Kern" einer Gruppe Radikaler gehört. Mindestens einer seiner damaligen Freunde ist später in Syrien ums Leben gekommen. Gegen Erhan A. wurde ein sogenanntes Ausreiseverbot verhängt. Bayerns Behörden wollten - zumindest damals - um jeden Preis verhindern, dass Erhan A. sich den Dschihadisten in Syrien oder dem Irak anschließt.

In einer Nacht-und-Nebel-Aktion wurde Erhan A. abgeschoben

Im Oktober 2014 dann die plötzliche Kehrtwende der bayerischen Behörden: Erhan A. wurde festgenommen, kam in Abschiebehaft und wurde in einer Nacht-und Nebel-Aktion abgeschoben. Selbst ein Anruf seines Anwalts beim zuständigen Gericht konnte das Ganze nicht mehr aufhalten, Erhan A. saß bereits im Flugzeug Richtung Türkei. Jener Mann, den Bayerns Behörden Monate zuvor noch an Ausreise hindern wollten, war - begleitet von der Bundespolizei - ausgerechnet in jenes Land geflogen worden, dass für seine durchlässigen Grenzen Richtung Syrien berüchtigt ist.

Mittlerweile lebt Erhan A. bei seinem Onkel in der Nähe der türkischen Provinzhauptstadt Kayseri. Zur Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Augsburg am Dienstag erschien er nicht. Im Publikum saß jedoch seine Mutter. Über sie hatte Erhan A. im Interview mit dem SZ-Magazin gesagt: "Ich würde sogar meine Familie töten, wenn sie sich gegen den Islamischen Staat stellt."

Anwalt fordert Recht auf Meinungsfreiheit ein

In einem Youtube-Video, das vor Gericht gezeigt wurde, hatte Erhan A. zudem die massenhafte Tötung von Jesiden gerechtfertigt. Zuletzt soll er außerdem auf Facebook einen FDP-Politiker bedroht haben. Der Anwalt von Erhan A., Michael Murat Sertsöz, argumentierte vor Gericht, nicht jede Äußerung im Internet sei gleich Unterstützung einer terroristischen Vereinigung. Vielmehr seien die Äußerungen seines Mandanten vom Recht auf Meinungsfreiheit und der Religionsfreiheit gedeckt. Es sei auch nicht "schlüssig", warum Erhan A. -den selbst das Gericht trotz seines türkischen Passes als "faktisch Deutschen" bezeichnete - abgeschoben wurde, nachdem er wenig zuvor ein Ausreiseverbot auferlegt bekommen hatte.

Innenminister Joachim Herrmann verteidigte am Dienstag im Gespräch mit der SZ das harte Vorgehen gegen den jungen Radikalen: "Erhan A. ist ein türkischer Staatsbürger, der mit Gewalt in Deutschland gedroht hat, deshalb haben wir ihn ausgewiesen." Herrmann war in die Kritik geraten, weil er sich mit der Ausweisung gegen die offizielle Linie der Bundesregierung ("Wir wollen keinen Export an Kämpfern aus Deutschland") gestellt hatte. Herrmann sieht darin jedoch keinen Widerspruch. "Wie alle anderen Bundesländer auch, behalten wir uns vor, im Einzelfall selbst zu entscheiden. Maßgeblich ist die jeweilige Beurteilung der Gefährdungslage." Erhan A. hat nun frühestens 2021 die Möglichkeit, nach Deutschland zurückzukehren. Ob er die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Augsburg anfechten will, war am Dienstag noch unklar.

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