Prozess um Auto-Kennzeichen:Stoschek erhebt schwere Vorwürfe im Gericht

Prozessauftakt in Coburg

Der angeklagte Unternehmer Michael Stoschek (rechts) und sein Anwalt Eckart Staritz im Amtsgericht in Coburg. Dem Brose-Mitinhaber wurde Kennzeichenmissbrauch und Urkundenfälschung vorgeworfen.

(Foto: dpa)
  • Er gehört angeblich zu den reichsten Menschen in Bayern: Weil er mit einem ungültigen Autokennzeichen unterwegs war, muss sich Michael Stoschek vor dem Amtsgericht Coburg verantworten.
  • Die Staatsanwaltschaft verlangte vom Mitinhaber der Firma Brose eine Strafe in Millionenhöhe.
  • Die Verteidigung erhebt im Prozess schwere Vorwürfe.

Von Olaf Przybilla, Coburg

Einmal, sagt Michael Stoschek vor Gericht, habe er einen Polizeiwagen sogar eine halbe Stunde lang hinter sich gehabt, bei einer der Meisterfeiern der Brose Baskets in Bamberg war das. Damals schon hatte er ein Klebekennzeichen auf seinem Porsche 911 angebracht, vor allem aus ästhetischen Gründen.

Gestört aber habe das keinen, obwohl klar zu erkennen gewesen sei, dass sein Kennzeichen nicht aus Blech ist. Jedenfalls die Bamberger Beamten habe das nicht gestört. Ein Polizist in Coburg, wo er seinen Porsche später vor einer Eisdiele abstellte, habe ihm dagegen sogar Urkundenfälschung vorgeworfen.

Deshalb und wegen Kennzeichenmissbrauchs muss sich Stoschek, der Brose-Mitinhaber, am Amtsgericht Coburg verantworten. Er hat zuvor einen Strafbefehl in Höhe von 55 Tagessätzen abgelehnt. Weil die sich am Vermögen des Beschuldigten orientieren, hätte er 1,65 Millionen Euro zahlen sollen. Das wollte er nicht, also muss verhandelt werden.

Es geht zwar um einen Millionenbetrag, auf Firlefanz aber will sich der Amtsrichter Wolfram Bauer nicht einlassen. Die meisten Zeugen lädt er am Vormittag wieder aus, nach einer Verhandlungspause verkündet er dann lakonisch, dass sich Staatsanwaltschaft und Stoschek inzwischen geeinigt hätten: Das Verfahren wird eingestellt, gegen eine Geldauflage von 150 000 Euro.

Schwere Geschütze der Verteidigung

Zufrieden ist Stoschek damit nicht. Nach der Verhandlung sagt er in mehrere Fernsehkameras, ihm sei in seiner Heimatstadt Coburg "ein politischer Prozess gemacht worden". Er willige nur deshalb ein, die 150 000 Euro zu zahlen, um dem Steuerzahler "weitere Prozesskosten zu ersparen".

Die Verteidigung von Stoschek hat zuvor schon schwere Geschütze aufgefahren: Europaweit das erste Mal werde so ein Prozess geführt, behauptet einer der Anwälte. Die Staatsanwaltschaft Coburg versuche sich auf Kosten Stoscheks zu profilieren. Sie habe jedes Maß verloren, ihr gehe es nur um eine "Machtdemonstration".

Sogar eine Bundesstraße habe man wegen der Sache für Stunden sperren lassen. Und das nur, um Stoschek nachzuweisen, dass er das verkleinerte Kennzeichen angeblich nur deshalb anbringen ließ, um zu verschleiern, wie schnell er unterwegs ist.

Nichts dergleichen sei richtig. Im Gegenteil sei Stoschek zuvor schon zweimal erwischt worden beim Rasen. Und jedesmal hätten die Beamten das Klebekennzeichen sehr wohl entziffern können. Nicht genug: Stoschek sei einem "unvermeidbaren Verbotsirrtum" aufgesessen, immerhin habe er einen seiner Anwälte nach dem Vorfall an der Eisdiele gefragt, ob er eine Straftat begehe, wenn er weiter mit Klebekennzeichen fahre.

Dieser verneinte dies. Fahren ja viele Sportwagen mit solchen Kennzeichen. Allerdings halt mit Genehmigung, entgegnet der Staatsanwalt. "Haben Sie eine solche beantragt?", fragt er. "Das habe ich nicht", antwortet Stoschek.

Warum der Richter den Angeklagten ermahnen muss

Der 67-Jährige sitzt kerzengrade auf der Anklagebank, er gibt zu verstehen, dass er da seiner Ansicht nach nicht hingehört. Stoschek ist ein Mann mit Manieren, wird er unterbrochen, fragt er danach: "Darf ich fortfahren?". Und er tut sich leicht vor Publikum zu reden, so gerne macht er das sogar, dass es dem Richter mitunter zu bunt wird.

Als Stoschek sich einmal ans Saalpublikum wendet, wird der Richter unwirsch: "Herr Stoschek, wir machen hier keine Presseveranstaltung, sondern eine Gerichtsverhandlung."

Durch die "Vorverurteilung", sagt Stoschek, sehe er sich "schwer beschädigt". Es gehe der Staatsanwaltschaft nur darum, "Herrn Stoschek an den Pranger zu stellen", ergänzt sein Anwalt. Schon im Ermittlungsverfahren habe diese "Stimmung gegen Herrn Stoschek" gemacht und über dessen "vermeintliche Unbelehrbarkeit sinniert".

Der Staatsanwalt weist das entschieden zurück. Stoschek habe jede Gelegenheit verpasst, mit der Anklagebehörde ins Gespräch zu kommen. Von einer Machtdemonstration könne schon gar keine Rede sein, vielmehr habe Stoschek seit dem Tag an der Eisdiele klar sein müssen, dass er eine Urkundenfälschung begehe.

Darauf habe ihn der Beamte aufmerksam gemacht, schon des imitierten Zulassungsstempels auf der Reflexionsfolie wegen.

Einer der reichsten Menschen in Bayern?

Als sich Stoschek nach der Begegnung mit dem Polizisten erneut ein Klebekennzeichen beschaffte, war zwar kein Zulassungsstempel mehr zu finden. Aber er wurde wieder erwischt mit dem selbst gemachten Kennzeichen. Ausnahmegenehmigungen? Gebe es grundsätzlich für solche Kennzeichen, aber nicht für diesen Wagen, sagt der Staatsanwalt: "Das wussten Sie."

Ob er zu den reichsten Menschen in Bayern gehöre, wird Stoschek noch gefragt. "Spekulationen", antwortet er. Ob es stimme, dass Brose fünf Milliarden Euro Umsatz mache? "Nein", antwortet Stoschek und legt ein stolzes Lächeln auf, "es sind inzwischen knapp sechs."

Am Firmenkapital sei er mit zehn Prozent beteiligt. Den Posten als Chef der Gesellschafterversammlung übe er aber nur "ehrenamtlich" aus.

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