Prozess:Ponybesitzerin wegen Tierquälerei vor Gericht

Prozess: Die Therapiepferde, über deren Zustand ein Gericht entscheiden muss.

Die Therapiepferde, über deren Zustand ein Gericht entscheiden muss.

(Foto: privat)
  • Stefanie Schimmelpfennig klagte vor Gericht, weil ihr Amtsärzte ihre Pferde wegnehmen wollten. Sie warfen ihr Vernachlässigung der Tiere vor.
  • Andere Tierärzte kamen zu einem anderen Schluss, nachdem sie die Pony begutachtet hatten.
  • Für die Angeklagte ging es in dem Prozess um ihre Existenz.

Von Heiner Effern

Eigentlich geht es vor dem Verwaltungsgericht München nur darum, ob eine Herde von Island-Ponys vor ihren Haltern gerettet werden muss. Doch für Stefanie Schimmelpfennig geht es um die Existenz. Seit dem Jahr 2000 hält sie Tiere in einem eigenen Stall. Sie gab Reitstunden, sie bildete sich fort, um eine Reittherapie anbieten zu können. Sie lebte von und mit ihren Pferden. So schildert sie ihr Leben von früher. Doch so wird es wohl nie mehr werden, denn die Richter bleiben hart: Sie darf keine Reitstunden mehr geben. Sie darf keine Pferde mehr halten. Ihre Herde steht vor dem Zwangsverkauf.

Das Verwaltungsgericht folgt in seinem Urteil der Einschätzung verschiedener Veterinäre, die in ihr eine Tierquälerin sehen, die ihre Pferde hungern lässt, die ihnen keinen adäquaten Unterstand oder Stall bietet und leichtfertig deren Gesundheit riskiert. Dazu gilt sie als notorisch uneinsichtig und wohl auch als eine Art Stallflüchtling. Das heißt, dass sie bei Beanstandungen einfach den Standort ihrer Pferde verlegt. Seit 2013 gibt es Bescheide von den zuständigen Landratsämtern in Landsberg am Lech, Dachau und nun Traunstein. Letzterer ist Thema vor dem Verwaltungsgericht.

Hungrige Tiere in schlechten Ställen?

In der Substanz seien die Probleme immer die gleichen, sagt Christian Nebel, Chef des dortigen Veterinäramts. "Die ziehen sich durch wie ein roter Faden." Er und seine Kollegen aus dem Chiemgau tragen diese detailliert vor. Sie schildern, dass bei hungrigen Tieren im Winter die Rippen zu sehen seien. Sie hätten Stacheldraht auf den Weiden gefunden, das sei bei Pferden "ein No-go". Wichtig scheint auch ein Haufen Dachziegel zu sein, der nicht so eingezäunt ist, wie es die Veterinäre gerne sähen. So verhärtet sind die Fronten, dass die Veterinäre sich bei Kontrollen von der Polizei begleiten ließen. In einem Schreiben an die Halter erklärte Nebel: "Die Anordnung eines Tierhaltungs- und Betreuungsverbots mit Bestandsauflösung" sei das einzige Mittel, um weitere gravierende Tierschutzverstöße zu verhindern.

Besucht man einen der beiden Standorte, an denen Schimmelpfennig und ihr Partner Martin Huber die Pferde halten, kommt man auf eine wunderbar gelegene Alm nahe Reit im Winkl. Die Pferde sind im Sommer gut gefüttert, was auch die Veterinäre nicht bestreiten. Die Halter führen eine idyllische Welt für Pferde vor, um die sie bis zum Ende kämpfen wollen. Sie ziehen die Akten heraus und beginnen, Punkt für Punkt, alle Vorwürfe zu widerlegen. Das hört sich genauso plausibel an wie der Vortrag der Veterinäre vor Gericht.

Widersprüchliche Begutachtungen

Offensichtlich lässt die Begutachtung von Ponys viel Spielraum. Denn zwei Tierärzte, die von den Haltern mit der Pflege ihres Bestands beauftragt wurden, kommen zu einem komplett anderen Ergebnis als die Amtsveterinäre. Der Priener Alfons Weissmüller kennt die Pferde nach eigenen Angaben seit etwa Juni 2014, sein Sohn und Kollege bereits zwei Jahre länger.

Weissmüller bescheinigt allen Tieren "einen guten bis sehr guten Ernährungszustand". Einige Pferde seien sogar "zu dick". Die beiden Ställe im Chiemgau seien "sehr gut", adäquat, es gebe immer genügend frisches Futter und die Weideflächen seien großzügig, gepflegt und gut eingezäunt. Wenn er dorthin gekommen sei, habe er nie "tierschutzrechtliche Versäumnisse" feststellen können. Auch sein Kollege Stefan Gmeiner aus dem österreichischen Grenzort Kössen bestätigt schriftlich "nach genauer klinischer Begutachtung" den guten Ernährungszustand der Tiere. Das Schreiben datiert vom Januar 2015, in dem die Tiere abgemagert gewesen sein sollen. Auch die Verpächter der Weiden bescheinigen den Pferden einen stets tadellosen Zustand.

Der Vorsitzende Richter deutet schön während der Verhandlung an, dass die Rechtslage für die Tierhalter trotzdem schwierig sei und eine deutliche Reduzierung des Bestands eine Lösung sein könnte. Vergeblich. Stefanie Schimmelpfennig sagt, sie wolle Gerechtigkeit, die "Willkür" der Behörden wolle sie nicht hinnehmen. Sie zählt unwidersprochen vor Gericht auf, dass bei einer Foto-Dokumentation ihrer angeblich hungernden Tiere 15- oder 16-mal das gleiche Tier abgebildet worden sei, das alt und deshalb mager sei. Sie zeigt am Rande der Verhandlung eine Amtsmail vor, vermutlich einen Irrläufer, der bei ihr gelandet ist. Dort bietet das Landratsamt Dachau den Kollegen in Traunstein Hilfe in der Argumentation an, in der Sache Schimmelpfennig. Doch all das nützt nach dem Urteil wenig, das zwar noch nicht rechtskräftig ist, aber wohl kaum mehr anzugreifen.

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