Prozess:Polizei findet verunglückte Tochter nicht - Klage der Eltern abgewiesen

  • Die Eltern einer tödlich verunglückten Frau erhalten kein Schadenersatz von der Polizei, entschied das Oberlandesgericht.
  • Die 24-Jährige war im Juli 2015 auf der A8 von der Fahrbahn abgekommen, an einer Böschung abgehoben und ums Leben gekommen.
  • Trotz sofortigem Notruf wurde die Frau erst am nächsten Tag entdeckt - deswegen hatten die Eltern den bayrischen Staat wegen Verletzung der Amtspflichten verklagt.

Von Stephan Handel

Die Eltern der tödlich verunglückten Billy M. aus Augsburg erhalten keinen Schadenersatz von der Polizei: Das Oberlandesgericht wies am Donnerstag, wie zuvor schon das Landgericht Augsburg, eine Klage ab. Die 24-jährige Billy M. war im Juli 2015 auf der Autobahn 8 ums Leben gekommen.

Mit ihrem Audi Q 3 war die junge Frau gegen ein Uhr nachts auf der Autobahn unterwegs. Dabei muss sie aus ungeklärten Gründen von der Fahrbahn abgekommen sein. Zunächst fuhr sie etwa 200 Meter parallel zur Fahrbahn zwischen Leitplanke und einem Wildschutzzaun. Dann aber kam sie zu einer Unterführung unter der Autobahn. Ihr Auto hob an der Böschung ab und bohrte sich in die gegenüberliegende Seite. Dabei erlitt Billy M. die letztlich tödlichen Verletzungen.

Einem anderen Fahrer war aufgefallen, dass das hinter ihm fahrende Auto plötzlich verschwunden war. Er rief den Notruf an - der Polizist dort sagte ihm, er werde eine Streife schicken; der Unfallmelder könne weiterfahren. Als die Beamten aber kamen, konnten sie nichts entdecken - in der Dunkelheit waren keine Unfallspuren zu sehen, die zudem nur spärlich vorhanden waren, weil Billy M.s Auto die Fahrbahn an einer Stelle ohne Leitplanke verlassen hatte. Zudem war kurze Zeit später ein anderes Auto nahe der fraglichen Stelle liegen geblieben - die Beamten dachten, das sei das gemeldete Auto, und fuhren ohne weitere Suche davon. Die tote Billy M. in ihrem Auto wurde erst am nächsten Morgen von einem Jogger gefunden.

Die Eltern der Toten hatten den bayerischen Staat wegen Verletzung der Amtspflichten verklagt - nicht wegen des Geldes, so hatte der Vater am ersten Verhandlungstag gesagt, sondern um Gerechtigkeit zu erreichen. Wenn der Polizist am Notruftelefon, so ihre Argumentation, den Anrufer aufgefordert hätte, am Unfallort zu bleiben, dann hätte die Streife das Auto der Tochter gefunden, dann wäre sie ärztlich versorgt und ihr Leben gerettet worden.

Damit hatten sie schon am Landgericht Augsburg keinen Erfolg gehabt - und jetzt auch nicht in der Berufung am Oberlandesgericht. Thomas Steiner, der Vorsitzende Richter des 1. Senats, sagte zwar, ihm und seinen Kollegen sei der Fall nahegegangen - aber in der Entscheidungsfindung dürften sie sich davon nicht beirren lassen. Und da sehe es nun mal so aus, dass es kein Fehler gewesen sei, den Unfallmelder weiterfahren zu lassen. Vielmehr habe der Beamte abwägen müssen, dass es für den Fahrer ja auch gefährlich hätte werden können, nachts auf dem Standstreifen der Autobahn herumzustehen. Und außerdem sei nicht bewiesen, dass die Tochter hätte gerettet werden können, wenn sie eher gefunden worden wäre: Berufung zurückgewiesen. Der Vater, der zur Urteilsverkündung gekommen war, sagte, die Entscheidung sei für ihn unverständlich, bedankte sich aber trotzdem für die "menschliche Verhandlungsführung".

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