Prozess gegen Sexualverbrecher:Angeklagter gesteht Vergewaltigung

Mit einer Waffe hat er zwei junge Frauen entführt, sie vergewaltigt und mit dem Tod bedroht. Nun hat der Prozess gegen den vorbestraften Sexualverbrecher aus Fürth begonnen. Doch der 49-Jährige ist nur eingeschränkt verhandlungsfähig.

Der 49-Jährige versucht gar nicht erst, seine brutalen Taten zu leugnen: "Ich stimme der Anklage im Prinzip zu." Mit diesem knappen Geständnis des Angeklagten hat am Freitag in Nürnberg der Prozess um einen der spektakulärsten Kidnapping-Fälle der vergangenen Jahre begonnen.

Mutmaßlicher Geiselnehmer in Nürnberg vor Gericht

Brutale Geiselnahme: In Nürnberg hat der Prozess gegen einen vorbestraften Sexualverbrecher begonnen.

(Foto: dpa)

Der bereits wegen früherer Sexualdelikte vorbestrafte Mann gab damit zu, im Oktober 2010 im Abstand von sechs Tagen zwei Frauen in Nordbayern entführt und sie sexuell missbraucht zu haben. Als Motiv gab er an: "Mein sexuelles Wollen war so stark."Beide Frauen sind seit der Tat schwer traumatisiert.

Die 22 Jahre alte Krankenschwester hatte der Mann im oberpfälzischen Neumarkt überfallen und bis nach Glücksburg an die Ostsee verschleppt. Bei Zwischenstopps auf der Fahrt erniedrigte und vergewaltigte der 49-Jährige sein Opfer immer wieder. 21 Stunden lang hielt er die Frau in seiner Gewalt, zwang sie, ihn quer durch Deutschland zu fahren.

Mit einem Trick konnte sie sich schließlich befreien. Sie täuschte einen Asthma-Anfall vor und bewog so Passanten, den Rettungsdienst zu alarmieren. Ihr Peiniger floh nach Thüringen, wo er zwölf Stunden später festgenommen wurde.

Auf einem Parkplatz im Nürnberger Stadtteil Langwasser soll er zuvor eine 20 Jahre alte Frau mit einer täuschend echt aussehenden Spielzeugpistole in seine Gewalt gebracht, in ein Waldstück verschleppt und dort zweimal brutal vergewaltigt haben. Anschließend verprügelte er sie mit einem Ledergürtel. Auf einem Foto erkannte die Frau ihren Peiniger wieder: Er war bereits zweimal wegen Sexualdelikten verurteilt worden.

"Günstige Sozialprognose"

Nach der zweiten Haft war der Mann in die Psychiatrie eingewiesen worden. Zwölf Monate vor der letzten Tat durfte er sie verlassen - unter der Auflage, dass er regelmäßig einen Therapeuten aufsucht. Drei Gutachter, so erklärt es die Nürnberger Staatsanwaltschaft nach der Festnahme, hatten ihm eine "günstige Sozialprognose" gestellt. Seit seiner Freilassung im Oktober 2009 stand der Angeklagte deswegen nur noch unter Führungsaufsicht. Zuletzt hatte er in Fürth gelebt.

Als er sich bei seinem Bewährungshelfer nicht mehr meldete, informierte der die Staatsanwaltschaft. Am 11. Oktober 2010 stellte die Anklagebehörde den Antrag, den Mann erneut in der Psychiatrie unterzubringen. Keine 24 Stunden später brachte dieser die erste Frau in seine Gewalt. Die Polizei löste eine Großfahndung aus, sechs Tage später schlug der Mann jedoch erneut zu.

"Meiner Mandantin geht es grauenvoll"

Der Angeklagte wirkt bei der Verlesung der Anklageschrift am Freitag in Nürnberg teilnahmslos. Nach einem Selbstmordversuch hatte er wochenlang im künstlichen Koma gelegen, nun ist er nur eingeschränkt verhandlungsfähig.

Die rund zwei Dutzend Fotografen und Kameraleute, die vor Prozessbeginn die Anklagebank umlagerten, ignorierte der 49-Jährige mit gesenktem Blick. Während der Vernehmung durch den Richter bemühte er sich aber darum, präzise auf die Fragen des Kammervorsitzenden zu antworten.

"Meiner Mandantin geht es grauenvoll. Sie ist seit der Vergewaltigung fast lebensuntüchtig. Sie kann praktisch nur in Begleitung das Haus verlassen", berichtete die Anwältin des ersten Opfers vor Gericht. Dagegen nahm die bis nach Glücksburg entführte 22-Jährige an der Seite ihrer Anwältin am ersten Prozesstag teil. "Sie hatte das Gefühl, sie muss ihrem Vergewaltiger noch einmal direkt in die Augen schauen, um damit zu zeigen: Du hast mich nicht gebrochen", berichtete die Juristin nach dem ersten Prozesstag.

Für die junge Frau sei die Teilnahme am Prozess ein Teil der Aufarbeitung. Trotzdem sei ihre Mandantin froh, dass ihr mit dem Geständnis des Angeklagten erspart bleibe, noch einmal alle Details zu schildern. Der Mann hat beiden Frauen einen Brief geschrieben, er wollte sich entschuldigen. Angenommen haben sie das nicht.

Das Gericht hat für den Prozess zunächst sechs Verhandlungstage angesetzt. Neben zahlreichen Zeugen sollen zwei Gutachter Licht in den Fall bringen.

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