Prozess in Hof:Richter will mit Urteil über Flüchtling "ein Mahnmal" setzen

Ein Mann begrapscht in Hof eine Frau, in der Silvesternacht. Im Prozess verhängt der Richter eine extra saftige Strafe. Doch diese Art von Strafzuschlag kennt das Rechtssystem nicht.

Von Olaf Przybilla

Was sein Mandant gemacht hat, ist eine Sauerei, Rechtsanwalt Jürgen Schmidt nimmt da kein Blatt vor den Mund. Eine schwere Straftat ist es ohnehin: Ein 22 Jahre alter Mann aus dem Irak hat eine 29 Jahre alte Frau aus Hof auf dem Nachhauseweg in der Nacht sexuell bedrängt, er hat sie begrapscht, ihr grob an die Brust und zwischen die Beine gelangt. Schmidt, der Anwalt des Mannes, fand schon im Verhandlungssaal klare Worte dafür.

Und trotzdem will der Anwalt das Urteil, das ein Hofer Amtsrichter gesprochen hat, so nicht stehen lassen. Denn der Richter hat den Angeklagten zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt. Er hat damit sowohl die vom Staatsanwalt als auch vom Nebenkläger geforderte Strafe überschritten, was selten vorkommt. In der Deutlichkeit - ein zusätzliches halbes Jahr - sogar nahezu nie. Und er hat das damit begründet, dass dieses Urteil von Hof ein "Mahnmal" sein solle für das, was in Deutschland gar nicht gehe.

Von Schmidt war zunächst zu lesen gewesen, er lege keine Rechtsmittel gegen das Urteil ein. Was aber auf einem Missverständnis beruhte. Denn der Anwalt hat da einige Fragen: Wäre dieses Urteil ebenso hart ausgefallen, wenn der Mann die Frau nicht an Silvester bedrängt hätte? Und hätte der Richter ein "Mahnmal" auch dann errichten wollen, wenn der Angeklagte Deutscher gewesen wäre?

Nicht nur der Anwalt hat da erhebliche Zweifel. Vergleiche mit anderen Urteilen sind immer schwierig - aber dreieinhalb Jahre Haft ist ein Strafmaß, mit dem Vergewaltiger rechnen müssen in Deutschland. Eine solche lag im Hofer Fall aber nicht vor. Deswegen wohl lagen die Plädoyers von Staatsanwaltschaft und Nebenklage klar darunter.

Ein richterlicher Strafzuschlag ist nicht vorgesehen

Insofern deutet vieles auf eine Art richterlichen Strafzuschlag hin, wegen Köln und Silvester. Das kann es nicht sein, findet der Pflichtverteidiger. Und hat damit schon insofern recht, als derlei nicht vorgesehen ist im deutschen Rechtssystem.

Er hat Rechtsmittel eingelegt, alles andere wäre auch befremdlich. Also wird es einen weiteren Prozess geben, am Landgericht. Womöglich wird es diesem Gericht gelingen, ein Urteil zu sprechen, das abschreckend wirkt. Ohne den Beigeschmack, dass da ein Mann eine Silvester-Sonderstrafe verbüßen muss.

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