Prozess in Hof:Anwälte von Ex-NKD-Manager zweifeln Richter an

Prozess gegen Ex-NKD-Manager

Schmiedete der Ex-Manager Entführungspläne im Gefängnis?

(Foto: Ebener/dpa)
  • Im Prozess wegen Untreue gegen den Ex-NKD-Manager am Landgericht Hof stellten die Anwälte des Angeklagten einen Befangenheitsantrag gegen den Richter.
  • Als Grund dafür nennen sie den angeblichen Versuch des 38-Jährigen, den Richter aus dem Gefängnis heraus entführen zu lassen.
  • Der ehemalige Manager des Textildiscounters NKD steht vor Gericht, weil er 3,7 Millionen Euro aus der Firmenkasse abgezweigt haben soll.

Von Katja Auer, Hof

Kann ein Richter noch objektiv über einen Angeklagten urteilen, der ihn entführen lassen wollte? Umbringen vielleicht sogar? Aber ja, sagt der Richter, der angeblich Opfer werden sollte, das eine habe mit dem anderen schließlich nichts zu tun. Bestimmt nicht, glauben die Anwälte eben jenes Angeklagten, dem genau solche Pläne vorgeworfen werden. Deswegen stellten sie am Mittwoch einen Befangenheitsantrag gegen den Richter und die ganze Kammer, die gerade über ihren Mandaten in einer anderen Sache zu Gericht sitzen.

Es ist die kuriose Wendung in einem Prozess, in dem es eigentlich um 3,7 Millionen Euro geht, die ein ehemaliger Manager aus der Firmenkasse des Textildiscounters NKD abgezweigt haben soll. Wegen Untreue steht der 38-Jährige seit einem Dreivierteljahr vor dem Landgericht Hof. Am 42. Verhandlungstag nun zum ersten Mal in Fußfesseln. Und zwar deswegen, weil kurz vor Weihnachten bekannt wurde, dass der Angeklagte angeblich aus dem Gefängnis heraus den Vorsitzenden Richter entführen und vielleicht sogar umbringen lassen wollte, um sich selbst aus der Haft freizupressen.

Das sollen zwei Mitgefangene des früheren Textilmanagers in der Justizvollzugsanstalt Hof ausgesagt haben, die er angeblich angestiftet hat. Der Angeklagte sitzt schon seit Juni 2013 in Untersuchungshaft, zu lange wie seine Verteidiger finden, die deshalb schon beantragt hatten, ihren Mandanten aus dem Gefängnis zu entlassen. Stattdessen erließ die Staatsanwaltschaft Ende Dezember wegen der neuen Vorwürfe einen zweiten Haftbefehl.

Vorteile für die eigene Haftzeit

Ob die Vorwürfe gegen den Mann tatsächlich stimmen, ob es also die Entführungspläne wirklich gab oder ob sich ein paar Mitgefangene auf Kosten des Ex-Managers lediglich Vorteile für die eigene Haftzeit verschaffen wollten, wie es die Verteidiger vermuten, ist noch nicht geklärt. Die Staatsanwaltschaft ermittle noch, sagte Oberstaatsanwalt Gerhard Schmitt.

Für die Verteidiger reichte das aus, um die Kammer im Untreue-Prozess abzulehnen. Schließlich sei das Verhältnis nun derart angespannt, dass eine unvoreingenommen Beurteilung kaum noch möglich sei. Die Staatsanwaltschaft sieht das anders. Wenn das ein Grund sei, das Gericht wegen Befangenheit abzulehnen, habe es jeder Angeklagte in der Hand, seinen Prozess bis zum St.-Nimmerleinstag hinauszuzögern, sagte Oberstaatsanwalt Peter Glocker, der die Anklage vertritt. Er müsse dafür nur den Richter durch eine neue Straftat oder die Anstiftung dazu provozieren.

Das wiederum wollte Verteidiger Volker Beermann so nicht stehen lassen. Es sei abwegig, dass der Angeklagte nur um einen Befangenheitsgrund zu schaffen, ein neues Verfahren anzettle, bei dem ihm eine weitaus höhere Strafe drohe.

Im Prozess gegen den Manager geht es um Millionensummen

Der Prozess gegen den ehemaligen NKD-Manager läuft schon seit dem März 2014, viele Tage davon unbemerkt von der Öffentlichkeit. In dem umfangreichen Verfahren geht es um Millionensummen, um die das Textilunternehmen mit Sitz in Bindlach im Landkreis Bayreuth 2012 geprellt worden sein soll. Über eine Tochterfirma in Hongkong soll das Geld an eine ominöse Firma aus Zypern geflossen sein. Mit dieser Firma habe NKD allerdings weder einen Vertrag geschlossen noch habe sie Leistungen für das Unternehmen erbracht, vermutet die Staatsanwaltschaft. In der Version des Angeklagten schon. Demnach will er das Geld für geheime Informationen über Herstellerpreise der Konkurrenz ausgegeben haben. An dieser Geschichte mehrten sich im Lauf des Prozesses die Zweifel, zumal die zypriotische Firma einem untergetauchten Jugendfreund des Angeklagten gehört, den die Staatsanwaltschaft Hof wegen des Verdachts der Geldwäsche sucht.

Am Mittwoch verlas die Staatsanwaltschaft einen Brief des ehemaligen Textilmanagers an jenen Jugendfreund, in dem er ihn aus dem Gefängnis heraus inständig bittet, mit seinem Verteidiger zusammenzuarbeiten, um die Vorwürfe gegen ihn zu entkräften und ihm die Freiheit wieder zu verschaffen. "Bitte, verdammt nochmal", liest der Staatsanwalt vor. Als "mein Bruder" bezeichnet der Angeklagte seinen Freund in dem Schreiben. Jener Bruder konnte bislang nicht vorgeladen werden. Er ist auf der Flucht.

Mit dem Manager war zunächst auch der frühere Prokurist von NKD angeklagt, das Verfahren gegen ihn wurde jedoch kurz vor Weihnachten gegen die Zahlung einer Geldbuße eingestellt. Seine Verfehlung soll es vor allem gewesen sein, den Anweisungen des Chefs allzu folgsam gehorcht zu haben. Denn der soll bei dem Textildiscounter Angst und Schrecken unter den Mitarbeitern verbreitet haben. Der Prozess gegen ihn wird am kommenden Mittwoch fortgesetzt.

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