Prozess im Fall Franziska:Die letzten Lebenszeichen

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  • Ein Kriminalbeamter hat dem Landgericht Ingolstadt die letzten Lebenszeichen der zwölfjährigen Franziska vorgetragen. Kurz vor ihrem Tod schickte sie Freundinnen Whats-App-Nachrichten.
  • Im Prozess um den Mord an der zwölf Jahre alten Franziska hat der Angeklagte Stefan B. bereits gestanden, das Mädchen vergewaltigt und getötet zu haben.

Von Hans Holzhaider

Kurz nach 17 Uhr hatte sich die zwölfjährige Franziska an jenem Samstag mit ihrem Fahrrad auf den Heimweg gemacht, vom Skatingplatz in Nassenfels nach Möckenlohe, eine Strecke von nur knapp drei Kilometern. Zwischen 17.28 und 17.33 Uhr schickte sie vier Whatsapp-Nachrichten an ihre Freundinnen: Sie werde von einem Auto verfolgt, sie habe sich das Kennzeichen gemerkt, "und dass sie wohl Angst hätte". Das berichtete Harald S., der Kriminalbeamte, der die Ermittlungen im Mordfall Franziska leitete, am Mittwoch vor dem Landgericht Ingolstadt. Es waren die letzten Lebenszeichen von Franziska. Am nächsten Tag fanden Angler das tote Mädchen in einem Weiher bei Neuburg an der Donau.

Stefan B., 27, der jetzt der Vergewaltigung und des Mordes an Franziska angeklagt ist, geriet schnell ins Visier der Polizei. Ein Zeuge hatte ihn am Sportplatz in Nassenfels beobachtet. B. saß in seinem Auto, einem grünen Toyota, hörte laute Musik und beobachtete die spielenden Mädchen auf dem Skatingplatz. Der Zeuge war mit B. in die Schule gegangen, er hatte ihn eindeutig erkannt. So kam es, dass Stefan B. schon einen Tag später, nach einer 30-Kilometer-Verfolgungsjagd über die Bundesstraße 16, festgenommen werden konnte.

"Der Auffindeort ist der Tatort"

Harald S. brachte ihn nach Ingolstadt. Noch in der Nacht sprach Stefan B. mit seinem Rechtsanwalt, machte aber der Polizei gegenüber keine Angaben. "Wir haben dem Anwalt dann die Beweislage erklärt", sagt der Kriminalbeamte. Nach einem weiteren Gespräch am nächsten Vormittag sei B. dann doch zu einigen wenigen Angaben bereit gewesen. Er gab zu, Franziska in seinem Auto mitgenommen zu haben, sie sei aber freiwillig mitgekommen. Auf die Frage nach dem Tatort habe nicht B. selbst, sondern der Anwalt geantwortet: "Der Auffindeort ist der Tatort." Auch die Frage nach dem Tatwerkzeug habe der Anwalt beantwortet: Ein Holz, das am Tatort verblieben sei. Auf die Frage nach dem Motiv habe der Anwalt erklärt, es würden keine weiteren Angaben gemacht.

Mord an Zwölfjähriger
:Angeklagter im Fall Franziska gesteht

Er steht wegen Mordes und Vergewaltigung vor Gericht: Mit einem kurzen "ja" gesteht der Angeklagte, die zwölfjährige Franziska in Ingolstadt missbraucht und getötet zu haben.

Im Fahrzeug des Angeklagten hatte die Polizei ein Mobiltelefon und einen Tablet PC gefunden. Die Auswertung ergab, dass Stefan B. an den zurückliegenden beiden Tagen nahezu ununterbrochen gechattet hatte. "Mehr als tausend Kontaktdaten", sagte Harald S. Es habe am Tattag um sechs Uhr begonnen und sei dann von etwa 19.50 Uhr an - da war Franziska schon tot - bis nach Mitternacht weitergegangen. "Dann wieder am Sonntag ab sechs Uhr im Minutentakt", berichtete der Kriminalbeamte. Sogar während der Verfolgungsfahrt bei Tempo 180 habe B. noch gechattet.

In der Freiheit nichts mehr Lebenswertes

Ein Beamter aus der Justizvollzugsanstalt Kaisheim berichtete, wie er Stefan B. von der Polizei zur Untersuchungshaft brachte. "Auffällig war, dass er ständig ein leichtes Grinsen im Gesicht hatte", sagte der Beamte. Wörtlich habe Stefan B. gesagt: "Endlich mal eine richtige Anklage." Er habe ihn dann gefragt, ob er es vielleicht darauf angelegt habe, eine "richtige Anklage" zu bekommen. Das habe B. bejaht, sagte der Beamte. Er habe sein Unverständnis geäußert, wie jemand es darauf anlegen könne, viele Jahre ins Gefängnis zu kommen. Darauf habe der Angeklagte gesagt, er habe die letzte Zeit mehr oder weniger auf der Straße gelebt. Bei seiner Mutter könne er nicht mehr unterkommen, seinen Sohn könne er auch kaum noch sehen, da gebe es für ihn in der Freiheit nichts mehr Lebenswertes.

Nach Ansicht von Verteidiger Adam Ahmed ist die Aussage des Justizbeamten nicht verwertbar. Der Beamte sei kein Ermittler; er sei nicht befugt gewesen, dem Angeklagten Fragen zur Tat zu stellen, sagte Ahmed.

© SZ vom 12.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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