Probleme mit der BOB:Fahrgäste gingen lieber zu Fuß

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Züge bleiben auf offener Strecke liegen, das Trennen von gekoppelten Waggons funktioniert nicht: Die Bayerische Oberlandbahn fährt offenbar nicht so wie sie soll. (Foto: Hartmut Pöstges)

So schnell wie eine Gruppe französischer Weinbergschnecken: Mit diesen Worten beschreibt ein Passagier der BOB das Tempo des Zuges. Als jetzt wieder ein Zug streikte, ergriffen die Fahrgäste die Flucht.

Von Heiner Effern, Hausham

Das Pendeln mit dem Zug ist gewöhnlicherweise eine sehr entspannte Möglichkeit, vom Oberland zur Arbeitsstelle in München zu gelangen. Man muss weiter feststellen, dass nach der langen Sitzerei im Büro und auch auf der Rückfahrt im Waggon ein paar Schritte zu Fuß sicher gut tun. Doch Josef Mitterreiter findet, dafür reicht der Weg vom Bahnhof nach Hause. Den letzten Kilometer auf den Gleisen bis nach Hausham, den hat er am Montagabend nun wirklich nicht zu Fuß gehen wollen.

Doch als die Bayerische Oberlandbahn (BOB) wieder einmal auf offener Strecke liegen geblieben ist, hat es ihm gereicht: Er ist wie auch andere Fahrgäste aus dem Zug geflohen. "Das sind hier langsam Verhältnisse, wie man sie in Afrika erwartet", sagt er.

So schnell wie Weinbergschnecken

Der Zug der BOB verließ den Hauptbahnhof München pünktlich um 17.27 Uhr und fuhr problemlos bis zum Halt Agatharied. Den weiteren Verlauf beschreibt Pendler Mittereiter so: Bei der Abfahrt ruckte es, dann blieb der Zug nach zehn Metern stehen. In der folgenden halben Stunde ruckte und stoppte die BOB so exzessiv, dass eine Gruppe französischer Weinbergschnecken mühelos an den Waggons vorbeigezogen wäre.

Als deutlich wurde, dass der nächste Bahnhof zwar nicht weit entfernt, aber in absehbarer Zeit kaum zu erreichen war, baten die Fahrgäste den Schaffner, sie aussteigen zu lassen. Was dieser ordnungsgemäß nicht zuließ. Als der BOB-Mitarbeiter schließlich unter den Waggon kroch, um den defekten Zug per Hand zu reparieren, fanden Mitterreiter und einige andere Fahrgäste eine offene Tür und marschierten los. "Wenn es nicht so ärgerlich wäre, könnte man darüber fast lachen", sagt Mitterreiter.

Eine Panne nach der anderen

Zum Lachen ist auch bei der Bayerischen Eisenbahngesellschaft (BEG) niemandem zumute. Die hat das Oberlandnetz von München nach Schliersee und an den Tegernsee im vergangenen Dezember erneut der BOB anvertraut. Seitdem jagt laut BEG eine Panne die nächste:

Züge fallen aus oder bleiben auf offener Strecke liegen, das Trennen von gekoppelten Waggons funktioniert nicht, Verspätungen gehören zum Alltag der Fahrgäste. "Wir sind sehr ungehalten. Wir haben permanent Beschwerden. Und die sind alle berechtigt", sagt ein BEG-Sprecher. Man mache bereits seit Monaten Druck auf die BOB, doch sei keine Verbesserung festzustellen.

Fahrgäste mussten Zug anschieben

Die BOB bestätigt den Abmarsch einiger Fahrgäste am Montagabend. Grundsätzlich gebe es eine "Summe von Gründen" für die Probleme auf der Strecke, der man eine "Summe von Maßnahmen entgegensetze", sagte eine Sprecherin. Mit den entflohenen Passagieren sorgt die BOB nicht zum ersten Mal für Aufsehen auf den Gleisen.

Im Februar blieb zwischen Kufstein und Rosenheim ein Zug ihrer Tochter Meridian liegen, ausgerechnet auf ein paar Metern ohne Stromversorgung. Der Lokführer ließ die Fahrgäste aussteigen, allerdings mit einer Bitte: Sie sollten den Zug bis zum nächsten Stromanschluss anschieben. Es gibt ein unscharfes, aber dennoch hinreißendes Video im Internet, wie die Bahnkunden ihre Körper am Heck des Zuges einspreizen - mit Erfolg. Die Fahrt soll fortgesetzt worden sein.

© SZ vom 05.06.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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