Presseschau zur Landtagswahl:"Sieg durch Anpassung"

Landtagswahl Bayern

Bayerische Verhältnisse wiederhergestellt: Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU).

(Foto: dpa)

Ministerpräsident Horst Seehofer hat die CSU zurück zur absoluten Mehrheit geführt, die FDP spielt keine Rolle mehr in Bayern. Die Kommentatoren beklagen den "inhaltfreien Wahlkampf", sehen bayerische Verhältnisse wiederhergestellt - und sind sich nicht einig, was das Ergebnis aus dem Freistaat für die Bundestagswahl bedeutet.

Frankfurter Allgemeine Zeitung: Ganz unbekannt ist der FDP in Bayern das Gefühl nicht, dem Landtag als außerparlamentarische Opposition nicht mehr anzugehören. (...) Dann aber zogen die Freien Demokraten mit der größten Fraktion in das Landesparlament ein, die es je in Bayern gab. Doch nicht nur aus diesem Grund ist der abermalige Sturz unter die Fünfprozentmarke nach nur fünf Jahren eine besonders schmerzliche Erfahrung. Denn klarer als in diesem Ergebnis können die Bürger nicht zum Ausdruck bringen, dass die FDP nicht mehr um ihrer selbst willen oder damit wegen irgendwelcher Inhalte oder gar Personen gewählt wird, sondern nur noch als Funktionspartei.

Die Welt: Selbstverständlich war die Rückkehr zur absoluten Mehrheit nicht.(...) Aber das erfolgreichste Bundesland hat seine eigenen Gesetze. Die Mischung aus krachlederner Tradition und filigraner Moderne macht dem Freistaat keiner nach. Und genau diese Mischung ist auch das Erfolgsgeheimnis der CSU, die mit Horst Seehofer noch einmal die Kurve bekommen hat. Dem Ministerpräsidenten ist seit Sonntag sein Platz in der christsozialen Heldengalerie sicher.

Berliner Zeitung: Merkel muss sich nach dem 22. September vor allem fragen, wie sie in Koalitionsverhandlungen und in einer Regierung mit der CSU zurechtkommt. Seehofer wird Ansprüche stellen, er wird die Opposition in der Regierung sein. Um ihn im Zaum zu halten, braucht Merkel einen starken Partner. (...) Wer Merkel gegen den starken Bayern helfen kann, ist die SPD. Eine mittelstarke Sozialdemokratie, die mit Vernunft und Augenmaß mit am Kabinettstisch sitzt.

taz: Im Kern hat die CSU nach dem gefühlten Wahldesaster 2008 auf Sieg durch Anpassung gesetzt. Ob beim Donau-Ausbau oder den Studiengebühren, dem Abschied von der Atomkraft oder der Wehrpflicht - Seehofer stand politisch immer in der Nähe jeder Meinungsumfrage. Die einst grimmig gegen die grünen Spinner verteidigte Modernisierungsstrategie oder die zum Grundwert veredelte Wehrpflicht wurde stillschweigend fallen gelassen.

Westdeutsche Allgemeine Zeitung: In Bayern herrschen wieder bayerische Verhältnisse. Horst Seehofer, der große Wahlgewinner, hat nach fünf Jahren ungeliebter Koalition für die CSU die alleinige Macht im Freistaat zurückerobert. Angela Merkel wird eine Woche vor der Bundestagswahl diese Entwicklung im Süden der Republik mit gemischten Gefühlen sehen. Zwar hilft eine starke Union in Bayern am nächsten Sonntag auch der Kanzlerin; aber Seehofer wird mit diesem Ergebnis im Rücken auch in der Hauptstadt auftrumpfen wollen.

Tagesspiegel: Seehofer als Grundtypus "Merkel, männlich": Ihn unterscheidet von ihr, dass er schneller in der Bereitschaft ist, das einmal als richtig Erkannte anzupacken und umzusetzen, und das mit einer Portion auch persönlicher Härte, die kein Kohl, kein Strauß so je hatte. Wie er seine Minister schurigelt, auf Abstand hält, in seiner Gunst steigen und fallen lässt, und das alles öffentlich - das hat es noch nicht gegeben. Das kann Merkel so nicht, das würde sie auch nicht machen, abgesehen davon, dass Bayern auch nicht der Bund ist; dass sie nicht nur Koalitionspartner hat, sondern auch noch schwierigste, Seehofer eben.

So kommentieren bayerische Zeitungen

Fränkischer Tag: Den Bayern geht's gut, und das weiß eine CSU traditionell für sich zu nutzen. Da reicht es, mit inhaltsfreien Plakaten vom Niveau "Bayern - das Land" an das Wir-Gefühl zu appellieren. Bayern ist gleich CSU - der wendige Populist Seehofer hat es verstanden, diese Identifikation wieder herzustellen. Und genau darin liegt sein Triumph. Ein Triumph wie er wohl nur in Bayern noch möglich ist.

Donau-Kurier: Man muss Seehofer deswegen ja nicht gleich als "Retter der CSU" huldigen. Aber er gab den Christsozialen in den vergangenen Jahren unbestritten den politischen Kompass zurück. Und vor allem hat Seehofer sich - was in der CSU traditionell besonders gut ankommt - auf der Berliner Bühne als Machtfigur etabliert: der Souverän aus dem Süden, der auch Kanzlerin Angela Merkel die Stirn bietet.

Mittelbayerische Zeitung: Sie müsse sich nun wandeln oder gar neu erfinden, wurde der CSU nach dem krachenden Einbruch bei der Landtagswahl 2008 ins Stammbuch geschrieben. Und der damalige Bundesverbraucherminister Horst Seehofer galt vielen als Kandidat des Übergangs (...). Seit gestern ist man schlauer. Seehofer ist der glanzvolle Sieger der Landtagswahl 2013 und verschaffte seiner CSU wieder das Alleinvertretungsrecht in Bayerns Regierung.

Nürnberger Nachrichten: Horst Seehofer, der alte und neue Ministerpräsident, kann triumphieren. Fünf Jahre nach der historischen Schlappe des glücklosen Spitzenduos Beckstein-Huber hat er kräftig zugelegt und seine Partei wieder nah an die Ergebnisse der Strauß- und Stoiber-CSU herangeführt, die stets in der Größenordnung "50 Prozent plus X" rechnen durfte. Als Retter aus tiefer Not in die CSU-Annalen einzugehen, war Seehofers zentrales Wahlziel; der Rest - das Schicksal des Koalitionspartners oder das der Kanzlerin in Berlin - war und ist ihm nicht annähernd so wichtig.

Main-Echo: Der Sieg ist vor allem ein Verdienst Horst Seehofers. Der Regierungschef und CSU-Vorsitzende hat zwar nur eines im Sinne: Herrschaft. Doch wirkt er mit seinem Humor und seinem Charme nie wie ein kalter Machtpolitiker. Seehofer setzt jene Ziele durch, die er mit großem Gespür als volkstümlich einstuft - egal, ob er dabei Programmpunkte (Studiengebühren) oder Parteifreunde (den CSU-Fraktionschef Georg Schmid in der Verwandtenaffäre) abräumt.

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