Popmusik:Heimat zwischen zwei Polen

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Sehnsucht nach Heimat: Claudia Koreck hat es von der großen Stadt wieder in die Gegend von Traunstein gezogen, darum dreht sich auch ihr neues Album. (Foto: dpa)

Die Traunsteinerin Claudia Koreck singt auf ihrem fünften Studio-Album von Stadt, Land und innerer Zerrissenheit. Dem bairischen Dialekt bleibt sie treu - und doch ist diesmal alles anders.

Von Stéphanie Mercier

Sie singt auf Bairisch, hat blondes Haar, immer ein Lächeln auf den Lippen und führt ein erfülltes Familienleben auf dem Land. Beim ersten Hinsehen scheint Claudia Koreck perfekt geeignet, um beim Musikantenstadl durchzustarten - nur hat sie sich gegen die Volksmusik und für die bayerische Popmusik entschieden - eine Mischung, die lange Zeit aufgegangen ist.

2007 wählte Bayern 3 sie zur "Newcomerin des Jahres". Ihr zweites Album "Barfuaß um die Welt" schaffte es auf Platz acht der deutschen Charts. Doch seit dem dritten Album "Menschsein" ist die Tendenz fallend, und man fragt sich, ob ihr bayerischer Pop noch zeitgemäß ist. Eine Frage, die sich Koreck nicht zu stellen scheint. In ihrem fünften Studio-Album "Stadt Land Fluss" setzt die 28-Jährige erneut auf Texte im Dialekt. Dieses Mal jedoch mit mehr Experimentierfreude.

Der Titel für das Album war schnell gefunden: "Einerseits mag ich die Stadt sehr gerne. Andererseits hat mir immer dann, wenn ich zu lang in der Stadt war, auch wieder etwas gefehlt. Da habe ich mich wieder nach der Ruhe auf dem Land gesehnt. Das hat mich so beschäftigt, dass ich mir gedacht habe, dass ich wirklich will, dass sich das neue Album auch um das Thema dreht", sagt Koreck. Man merkt ihr ihre Hin- und Hergerissenheit an, die sie, obwohl sie vor zwei Jahren von München zurück nach Traunstein gezogen ist, immer noch beschäftigt. Der Fluss ist für die Sängerin "das Bindeglied zwischen den beiden Polen, weil der einfach überall fließt". Eine Freiheit, um die sie den Fluss, "der immer wieder an beiden Orten vorbeikommt", beneidet.

Im Keller schreibt sie anders als auf der Couch

Das Konzept überträgt Koreck aber nicht nur auf die Thematik der Lieder, sondern auch auf deren Klang. Sie unterscheidet die "etwas leiseren, etwas folkigeren Nummern", die das Land repräsentieren sollen, vom "urbanen Sound, wo richtig Wumms dabei ist". Etwas, wofür sie ihre Schreibgewohnheiten änderte: "Vor dem Album hatte ich viele leise Stücke gehabt, da fühle ich mich auch sofort wohl. Aber ich wollte halt auch ein paar kräftigere Songs und ein paar ander Stimmungen haben. Ich war unten im Keller, hab' auch mal meine E-Gitarre rausgeholt, und da schreibt es sich einfach anders, wenn du dich hinstellst, als wenn du gemütlich auf der Couch sitzt".

Dazu wurde auch noch Henry Hirsch, der Soundmaster von Lenny Kravitz, damit beauftragt, den Ton der Platte zu mischen. Erst war es schwer, die Verantwortung abzugeben. Der Titel "Schwarz" zum Beispiel, sagt sie, habe, bevor Hirsch ihn gemischt habe, "noch viel fetter geklungen. Ich hab mich dann ein zwei Wochen dran gewöhnt, und dann fand ich den Mix, den er gemacht hat, um einiges cooler."

Korecks Mann schrieb ein Wiegenlied, der dreijährige Sohn singt mit

So entstand ein Album, das von Claudia Korecks Zwiespalt zeugt und viele Facetten ihrer Musik und ihrer sanft-kraftvollen Stimme zeigt: Vom Blues zu schnellem Soul-Rock, bis hin zu orientalischen Melodien - teilweise ist man nahezu überfordert von der klanglichen und sprachlichen Auswahl. Koreck singt zwar auch auf dem neuen Album größtenteils auf Bairisch, aber es gibt auch Stücke auf Englisch und ein griechisches Lied.

Fast zu privat wirkt das Wiegenlied "Sleep Little Darling", das Korecks Mann Gunnar Graewert geschrieben hat. Der dreijährige Sohn singt den englischen Refrain. "Ich werde ihn jetzt sicherlich nicht so Kelly-Family-mäßig auf die Bühnen schleppen, nein, um Gotteswillen", sagt Koreck, "aber ich wollte es einfach ganz gerne teilen, dieses Glück das ich empfinde, wenn ich zusammen mit meiner Familie musiziere." Und man freut sich mit ihr an ihrer Familienidylle. So verwundert es kaum, dass bei Claudia Korecks Konzert am Sonntag im Münchner Volkstheater auch ihr Mann wieder Teil der Band sein wird. Und vielleicht ist es gerade das, was Claudia Koreck ausmacht, der Wunsch einer sympathischen Frau, ihre Gefühle und Gedanken mit anderen zu teilen und dabei in erster Linie auf das zu hören, was sie in ihrem Innersten bewegt: ihre Heimat und ihre Familie.

Claudia Koreck "Stadt Land Fluss" , Sonntag, 1. März, 20 Uhr, Volkstheater, Brienner Str. 50

© SZ vom 28.02.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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