Polizistenmord von Augsburg:Standesbeamtin unter Verdacht

Gedenkstein für ermordeten Polizisten

Gedenkstein für den ermordeten Polizisten Mathias V. in Augsburg. Nun wurde Strafbefehl gegen die Ehefrau des Verdächtigen erlassen.

(Foto: dpa)

Sie beteuert, von den Taten ihres Mannes nichts gewusst zu haben, doch nun wurde gegen die Ehefrau des mutmaßlichen Polizistenmörders wegen Hehlerei und Geldwäsche Strafbefehl erlassen. Ist die Standesbeamtin unschuldig oder führte sie wie ihr Ehemann ein Doppelleben?

Von Stefan Mayr

Sie gilt als unbescholtene Bürgerin mit einem ehrenhaften Beruf. Doch nun muss die Standesbeamtin Anna M. (Name geändert) befürchten, von ihrem Ehemann in den Abgrund gezogen zu werden. Raimund M. ist einer der beiden mutmaßlichen Polizistenmörder von Augsburg und muss sich ab Februar vor dem Landgericht verantworten. Ihm und seinem Bruder Rudi R. wird vorgeworfen, im Oktober den Polizisten Mathias V. nach einer Verfolgungsjagd aus einem Hinterhalt im Wald erschossen zu haben. Zudem soll das Duo vier brutale Raubüberfälle verübt haben, bei dem insgesamt mehr als eine halbe Million Euro erbeutet wurden.

Ehefrau Anna M. beteuert nach wie vor, von all diesen Taten ihres Mannes und Schwagers nichts gewusst zu haben. Doch das Amtsgericht Augsburg hat gegen sie einen Strafbefehl erlassen - wegen Hehlerei und Geldwäsche.

Die Ermittler fanden im Januar 2012 bei einer Razzia im Haus des Ehepaars in einer Schublade 2350 Euro in bar. "Die Staatsanwaltschaft vermutet, dass dieses Geld aus einem Raubüberfall stammt", sagt ihr Verteidiger Wilhelm Seitz, "Aber es gibt keine belastbaren Indizien, die diese Annahme rechtfertigen." Deshalb habe sie gegen den Strafbefehl Einspruch eingelegt. Die Gerichtsverhandlung gegen Anna M. wird allerdings erst stattfinden, wenn der Prozess gegen die mutmaßlichen Mörder abgeschlossen ist. Denn zunächst muss geklärt sein, ob das Geld tatsächlich aus einem Raubüberfall stammt.

Der Mordprozess beginnt am 21. Februar und wird sich wohl ein Jahr lang hinziehen, da mehr als 200 Zeugen befragt werden sollen. Erst danach kann geklärt werden, ob sich Anna M. der Hehlerei schuldig gemacht hat. Ist die Standesbeamtin unschuldig oder eine Mitwisserin, die wie ihr Ehemann ein Doppelleben führte? "Meine Mandantin wurde von ihrem Mann in vielfacher Hinsicht betrogen", sagt Anwalt Seitz.

Die Beschuldigte ist nach wie vor als Standesbeamtin tätig. Seit der Festnahme ihres Mannes im Dezember 2011 führt sie nur noch sporadisch Trauungen durch. Der Strafbefehl lautet auf 60 Tagessätze, im Falle einer Verurteilung wäre Anna M. nicht vorbestraft. Allerdings muss sie mit einem Disziplinarverfahren rechnen.

Kalaschnikow-Gewehre, Handgranaten und Bargeld

Die Tochter des Paares stand ebenfalls schon vor Gericht. In ihrer Wohnung und in ihrem Keller wurden Kalaschnikow-Gewehre, Handgranaten und Bargeld gefunden. Sie wurde im Juni 2012 wegen unerlaubten Besitzes von Kriegswaffen und Hehlerei zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Ähnlich wie ihre Mutter betonte sie stets, weder vom Doppelleben ihres Vaters noch von den Waffen etwas gewusst zu haben.

Die angeklagten Brüder sitzen seit Monaten in Straubing respektive in München-Stadelheim jeweils in Einzelhaft. Nachdem ein Häftling der Polizei berichtet hatte, Raimund M. habe von einer Geiselnahme gesprochen, mit der er sich und seinen Bruder freipressen wolle, darf M. keinen Kontakt mehr zu Mithäftlingen haben. "Er hat überhaupt keinen Ansprechpartner, selbst beim Freigang ist er alleine", kritisiert sein Verteidiger Werner Ruisinger. "Diese Unterbringung ist menschenunwürdig." Rechtliche Schritte hat Ruisinger allerdings nicht unternommen. "Das hätte ohnehin keine Aussicht auf Erfolg."

Die 31-jährige Kollegin des ermordeten Polizisten, die in der Tatnacht einen Streifschuss erlitten hatte, ist seit Mitte 2012 wieder im Dienst. Allerdings nicht mehr als Streifenpolizistin, sondern im Innendienst. Im Prozess gegen die zwei mutmaßlichen Täter wird die Beamtin neben der Ehefrau des Getöteten als Nebenklägerin auftreten.

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