CSU und Ungarn:"Seehofer hat definitiv den falschen Freund"

Markus Rinderspacher

SPD-Mann Markus Rinderspacher hat Ministerpräsident Seehofer wiederholt für seine Ungarnreise kritisiert.

(Foto: dpa)
  • Im März besuchte Bayerns Ministerpräsident Seehofer den ungarischen Premierminister Viktor Orbán.
  • Nun fährt auch eine Reisegruppe um SPD-Landtagsfraktionschef Rinderspacher in das Land, trifft sich dabei aber mit Vertretern der ungarischen Opposition.
  • Die SPD hat schon mehrmals kritisiert, dass die CSU Nähe zu Orbán sucht, der wegen seiner restriktiven Flüchtlingspolitik in Europa umstritten ist.

Von Wolfgang Wittl, München/Budapest

In einem stimmen Horst Seehofer und Markus Rinderspacher überein: Ungarn ist eine Reise wert, schon wegen der interessanten Gesprächspartner. Doch da beginnt das Problem. Der CSU-Chef und bayerische Ministerpräsident besuchte im März den ungarischen Premier Viktor Orbán, der mit seiner restriktiven Flüchtlingspolitik halb Europa herausfordert. Die Reisegruppe von SPD-Landtagsfraktionschef Rinderspacher dagegen traf sich am Donnerstag und Freitag mit Vertretern der ungarischen Opposition. Es galt, "ein Zeichen der Solidarität mit der demokratisch-liberal gesinnten Zivilgesellschaft" zu setzen. Ein Zeichen für Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte und Freiheit, wie Rinderspacher sagt.

Kein anderes Land in der Europäischen Union spaltet die bayerische Politik mehr als Ungarn. Zu keinem anderen suchen Bayerns Politiker derzeit mehr Kontakt, wenn sie ihre Überzeugungen symbolisch darstellen wollen. Seehofer empfing Orbán vor einem Jahr zur Klausur der CSU-Landtagsfraktion, es war eine demonstrative Kritik an Angela Merkels Flüchtlingskurs. Sein Ungarnbesuch im März erfolgte unmittelbar vor dem für Merkel wichtigen EU-Flüchtlingsgipfel. Und am Montag in einer Woche wird Seehofer die Festrede halten, wenn Orbán zu einem Empfang im bayerischen Landtag aufkreuzt.

Die bayerische Opposition kochte, als sie davon erfuhr. Dem "Europazerstörer" Orbán werde nun ausgerechnet noch im Landtag, "der Herzkammer der bayerischen Demokratie", der rote Teppich ausgerollt, geißelte Rinderspacher. Nach den Gesprächen in Ungarn fühlte sich die SPD-Delegation in allen Vorbehalten bestätigt. Nicht nur Oppositionspolitiker, auch Stiftungen und Flüchtlingshelfer der Vereinten Nationen hätten ihm geschildert, dass Orbán sich "Volk und Land zur Beute" mache, berichtete Rinderspacher am Freitag von Budapest aus. In Ungarn stelle sich für die Demokratie bald die Existenzfrage, Orbán beherrsche Justiz, Medien und alle gesellschaftlichen Gruppen.

Rinderspachers Fazit: Orbán sei "ein gefährlicher rechtsnationalistischer Populist", der eine illiberale Demokratie anstrebe. "Seehofer hat definitiv den falschen Freund", sagt der SPD-Fraktionschef. Man dürfe dem ungarischen Premier daher nicht die Hand reichen, sondern müsse ihm auch in Bayern die Stirn bieten.

Doch die SPD war nicht die einzige Reisegruppe aus dem Freistaat. Während sie mit Oppositionellen sprach, traf sich Bayerns Europaministerin Beate Merk (CSU) am Donnerstag mit Außenminister Péter Szijjártó zu einem Meinungsaustausch. Merk und Rinderspacher liefen sich beim Abflug nach Budapest sogar über den Weg. Die Freundschaft Bayerns mit Ungarn habe ein starkes Fundament, ließ die Europaministerin mitteilen. Einigkeit herrsche darin, dass Europa beim Schutz der Außengrenzen besser zusammenarbeiten müsse. Differenzen gibt es indes bei der gerechten Verteilung von Flüchtlingen in Europa. Wer sich aber dem Dialog verweigere, "verweigert sich der konstruktiven Suche nach Lösungen", sagte Merk.

Seehofer und Orbán können die Gespräche nun auf Chefebene fortsetzen, wenn das ungarische Generalkonsulat im Landtag seinen Festakt abhält. Noch ist ungewiss, ob Medien teilnehmen dürfen. Für Florian Streibl (Freie Wähler) der nächste Affront: "Die Öffentlichkeit derart auszuschließen bedeutet, dass eine Kontrolle staatlichen Handelns nicht erwünscht ist. Dies widerspricht unseren freiheitlichen, westlichen Werten."

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