Politikum:Was vom Minister übrig bleibt

Als Politiker kann man lange reden, am Ende einer Laufbahn erinnern sich die Menschen nur an ein paar Sätze. Für Joachim Herrmann ist genau das ein Problem

Von Wolfgang Wittl

Einer der größten Erfolge in der politischen Laufbahn von Markus Söder wäre am Montag beinahe untergegangen. Erstmals hat ihn der Kabarettist Wolfgang Krebs beim Gillamoos-Volksfest in Abensberg als ulkige Kunstfigur auf die Bühne gebracht - eine Ehre, die bislang bloß Ministerpräsidenten vorbehalten war. Zwar behauptete Krebs, er hätte auch Ilse Aigner parodiert, hätte die im Zelt nebenan gesprochen. Doch ob er wirklich ein Dirndl im Kleiderschrank hängen hat?

Aufmerksamkeit zählt zu den wichtigsten Währungen für Politiker. Sie ist Gradmesser, welche Bedeutung jemand hat. Und sie entscheidet, was von einem überdauern wird. Von Franz Josef Strauß - die Feiern zum 100. Geburtstag haben es gezeigt - sind nicht seine dreistündigen Reden in Erinnerung geblieben, sondern die markigen Sprüche, die er darin verpackt hat. Wie gerecht es ist, auf ein paar Sätze reduziert zu werden, steht freilich auf einem anderen Blatt.

Der frühere Bundespräsident Heinrich Lübke hat in seiner zehnjährigen Amtszeit vielleicht auch vernünftige Dinge angesprochen. Hängen geblieben ist bis heute aber nur die Anrede bei einem Staatsbesuch in Liberia: "Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Neger", soll Lübke gesagt haben. Einen Beleg dafür gibt es nicht. Bei einem Staatsbesuch der englischen Königin hat er sich angeblich mit dem Fauxpas "equal goes it loose" (gleich geht's los) blamiert. Jahre später erzählte ein Spiegel-Redakteur, dass dieser Spruch wie auch andere eine Erfindung der Redaktion gewesen sein soll.

Dem bayerischen Innenminister Joachim Herrmann war bekanntlich nicht so viel Glück beschieden, sein Satz über den "wunderbaren Neger Roberto Blanco" lief live im Fernsehen. Für Markus Söder wäre das kein Problem, er würde wohl bereits Pläne schmieden, ob er sich im nächsten Fasching als Schlagersänger verkleidet. Aber ausgerechnet Herrmann, der spaßresistenteste aller bayerischen Minister, muss nun erdulden, wie sich alle Welt über ihn lustig macht. Sogar Polizisten am Bahnsteig reißen über ihren Chef Witze, obwohl sie mit ankommenden Flüchtlingen eigentlich gut ausgelastet sind. Wer in 20 Jahren nach einem Politiker namens Herrmann googelt, was wird er wohl finden? Eben.

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