Politikum:Religionsstreit in Partenstein

Im Spessart bekriegen sich evangelische und katholische Christen. Diesmal geht es um den Martin-Luther-Platz

Von Olaf Przybilla

Es ist in Bayern gerade wieder viel von der Leitkultur die Rede, an die sich Neuankömmlinge gefälligst anzupassen haben. Und auch wenn einem keiner recht sagen kann, um was es sich da im Einzelnen handelt, auf eines würden sich wohl alle verständigen können: Gewünscht wird religiöse Toleranz, Verständigung zwischen den Glaubensgemeinschaften, Ökumene. So wie das evangelische und katholische Christen doch auch hinbekommen haben, trotz aller Verwerfungen vor 500 Jahren.

Ja, jedenfalls beinahe. Man mag gar nicht daran denken, was einem Flüchtling so als Leitkultur im unterfränkischen Partenstein angepriesen würde. Im Zweifelsfall käme es vermutlich darauf an, mit wem er sich gerade unterhält. Aber ein Ziel, das muss man wohl unterstellen, würde er dort trotzdem von allen Seiten zu hören bekommen: Wir wollen die konfessionellen Gräben in unserem Ort zuschütten! Kleine Pause. Dann der Nachsatz, quasi als Fußnote: Aber bitte nicht so, wie die anderen das wollen.

In der Spessartgemeinde gibt es den Zank zwischen Katholiken und Evangelischen so lange man denken kann, auch darüber gibt es keine zwei Meinungen im Ort. Die Ursachen liegen irgendwann in der Zeit der Gegenreformation, später war Partenstein der einzige Ort im alten Landkreis Lohr, der überwiegend reformiert war, heute sind 45 Prozent der Leute evangelisch und 42 Prozent katholisch. Zu den Hochzeiten des Missvergnügens fuhren die Evangelischen an Fronleichnam Mist aus, weil das halt mal sein musste. Dafür revanchierten sich die Katholiken mit einem Großputz an der Hausfassade am Buß- und Bettag.

Jetzt wollten die Evangelischen den Dorfplatz zu Ehren eines großen Schriftgelehrten auf den Namen Martin Luthers taufen. Ein Zeichen ökumenischen Gemeinsinns, finden sie. Die Katholiken dagegen finden, dadurch würden Wunden wieder aufgerissen, das sei ein öffentlicher Platz, den sollte man nach Einheitlichem benennen und nicht nach Luther. Der Gemeinderat vertagte sich erst, eine erste Blamage, nun hat er sich mehrheitlich gegen den Luther-Platz entschieden. Was die Leitkultur ist, würde ein Flüchtling wohl schwer verstehen in Partenstein. Was alte Wunden sind, Zwietracht und Unvernunft - das schon.

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