Politikum:Kraftprobe mit der Ministerin

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Die AOK Bayern führt wieder einmal einen Kampf gegen die Hausarztverträge. Doch Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) will dieses Muskelspiel nicht mitmachen und droht mit juristischen Schritten

Von Dietrich Mittler

Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) gilt mehr als Frau des Ausgleichs denn als Politikerin, die bei Konflikten die harte Linie fährt. Umso mehr lässt aufhorchen, wie sie sich nun gegenüber der AOK Bayern positioniert. Denn die Kasse lässt gerade wieder einmal die Muskeln spielen: Den vom Gesundheitsministerium überprüften und gebilligten Schiedsspruch zu den Hausarztverträgen hält die Kasse für zu kostspielig. Er sei "rechtswidrig" und damit auch "nicht umsetzbar". Gegen den Vertrag liege ohnehin beim Sozialgericht München eine Klage vor. Huml gibt sich jedoch unbeeindruckt: Sie erwarte auch von der AOK Bayern, "sich an das geltende Recht zu halten". Es folgt ein Satz, der sich durchaus als Drohung verstehen lässt: Ihr Ministerium behalte sich in dieser Angelegenheit "rechtsaufsichtliche Schritte vor." Der Streit um die Hausarztverträge, bei denen Patienten Vergünstigungen eingeräumt werden, wenn sie auf die freie Arztwahl verzichten, ist Teil bundesdeutscher Geschichte. Als Bayerns Hausärzte Ende 2010 in Nürnberg mit dem Versuch scheiterten, kollektiv ihre Kassenzulassungen zurückzugeben und sich damit letztlich ein Streikrecht zu erkämpfen, da hatte die Politik den damaligen Verbandsvorsitzenden der Hausärzte, Wolfgang Hoppenthaller, rasch als den verantwortlichen Brandstifter abgekanzelt. Doch schon da hatte die Politik auch Hinweise darauf, dass die AOK durch Nadelstiche wie Einschränkungen bei der Honorierung die Wut der Hausärzte derart aufgeheizt hatte, dass 2700 von nahezu 7000 Verbandsmitgliedern Hoppenthallers Weg mitgingen.

Zurück zur Gegenwart - die AOK Bayern hat nachgerechnet: In anderen Bundesländern fällt die im Hausarztvertrag vereinbarte Vergütung pro Patient wesentlich niedriger aus. Recht und billig ist, dass die AOK an Nachverhandlungen interessiert ist und vor Gericht zieht. Aber wer eigenmächtig einen geltenden Vertrag als "nicht umsetzbar" definiert, setzt sich über das geltende Recht hinweg. Es stellt sich die Frage, ob Bayerns Gesundheitsministerin den Mut hat, die mächtige Kasse auf einen Weg zurückzubringen, den auch das Bundessozialgericht vorgibt. Das ist viel schwerer, als rebellische Hausärzte zu disziplinieren.

© SZ vom 10.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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