Politikum:Klares Votum für neun Schuljahre

Der Modellversuch Mittelstufe Plus am Gymnasium zeigt schon jetzt, dass in Bayern das neunjährige Gymnasium bald wieder zur Regel werden wird, das G 8 zur Ausnahme

Von Anna Günther

Die Anmeldezahlen zum Modellversuch Mittelstufe Plus werden erst in wenigen Tagen vorliegen. Aber schon die vorläufigen Ergebnisse könnten kaum deutlicher ausfallen: Mehr als die Hälfte der Eltern und Kinder an den 47 Modellschulen wünscht sich das neunjährige Gymnasium zurück. Auf dem Land haben sich sogar drei von vier Siebtklässlern für die Mittelstufe Plus angemeldet.

Die Eintragung für die Mittelstufe Plus ist eine Art Volksabstimmung im Kleinen. Im Gegensatz zum gescheiterten Volksbegehren haben jetzt ausschließlich die direkt Betroffenen ihr Votum abgegeben. Die große Mehrheit von ihnen will mehr Zeit bis zum Abitur. Die Staatsregierung wird dieses Ergebnis schlecht ignorieren können. Damit steht schon jetzt fest: Das neunjährige Gymnasium wird künftig in Bayern wieder zur Regel, das G 8 zur Ausnahme.

Überraschend ist an der großen Nachfrage nur die Überraschung im Kultusministerium, denn der Ansturm auf das Pilotprojekt war vorhersehbar. Seit der überstürzten Einführung des G 8 vor zwölf Jahren reißt die Kritik daran nicht ab. Nachbesserungen wie das Flexi-Jahr und Intensivierungsstunden blieben Flickwerk. Edmunds Stoibers Idee vom Turboabitur ist das Dauerärgernis der CSU. Das passt schlecht mit dem Selbstverständnis der Staatsregierung zusammen, die sich immer als Primus der deutschen Bildungspolitik sieht.

Dass ein schnelleres Abitur nicht automatisch früher qualifizierte Studenten oder Azubis bringt, ist seit Jahren klar. Viele Jugendliche sind nach der zehnten Klasse zu unreif für den weiteren Weg zum Abitur. Wer die Abi-Prüfung überstanden hat, sucht im Ausland erst einmal Erholung oder sich selbst. Wer aber sofort an die Uni will, der ist mit 16 oder 17 Jahren noch zu jung für manche Studiengänge. Gute Noten sagen nichts über Reife aus. Zwölf Monate machen in diesem Alter durchaus einen Unterschied.

Das Kultusministerium sollte deshalb möglichst schnell allen interessierten Schülern den Zugang zur Mittelstufe Plus gewähren. Dafür braucht es mehr Geld und Lehrerstunden. Der Modellversuch sollte ausgebaut werden, damit an den Gymnasien endlich eines einkehrt: Ruhe zum Lernen.

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