Politikum:Am falschen Ende gespart

Die Staatsregierung dampft ausgerechnet den Sozialetat ein, weil weniger Flüchtlinge ankommen. Dabei bräuchte man das Geld dringend für die Integration

Von Lisa Schnell

Sozialministerin Emilia Müller blickte bei ihrer Pressekonferenz diese Woche drein, als hätte sie den Saft von einem Pfund Zitronen getrunken. Sie ist aus dem Haushaltsgefeilsche des Kabinetts als Verliererin herausgegangen. Um 1,3 Milliarden Euro schrumpft ihr Haushalt. Vor allem bei den Ausgaben für Asylbewerber wird gespart. Das lässt Müller nicht gut aussehen und ist nicht gerade vernünftig.

Sicher, die Zahl der Asylbewerber sinkt und mit ihr sinken auch die Kosten. Die Rechnung ist richtig, die Argumentation der CSU aber unscharf. Fragt man, warum die Partei ständig weiter auf ihre Obergrenze pocht, sehen einige schon wieder eine Million Flüchtlinge um die Ecke kommen. Krieg und Verfolgung sind nicht weniger geworden, heißt es dann, der Deal mit der Türkei ist mehr als instabil. Argumente, die gut sind, um den Ruf nach geschlossenen Grenzen zu rechtfertigen, die aber nicht zu gelten scheinen, wenn irgendwo Kosten gedrückt werden können. Und nebenbei bemerkt: Schon einmal hat die Staatsregierung Unterkünfte geschlossen, weil die Asylbewerberzahlen sanken. Als die Zahlen wieder stiegen, musste sie für teures Geld Notunterkünfte anmieten.

Viel gravierender ist aber, dass die freien Mittel nicht in mehr Integrationsmaßnahmen investiert werden. Die eigentliche Herausforderung ist die Integration, das sagt die CSU selbst. In den Asylbewerberunterkünften fehlt es an Deutschkursen, sagen Helferkreise. Die Asylsozialberatung braucht einen besseren Betreuungsschlüssel. Hier wäre das eingesparte Geld gut investiert. Oder in bessere Unterkünfte. Die Staatsregierung plant das genaue Gegenteil: Sie will weg von der dezentralen Unterbringung, hin zu staatlichen Liegenschaften wie Kasernen. Dezentral bedeutet, dass die Landratsämter zuständig sind. In den Gemeinden gibt es schlechte Unterkünfte wie Traglufthallen, aber auch Wohnungen, Pensionen oder Holzständerbauten. Hier ist die Gewalt niedriger, die Chance auf Integration höher. Kasernen aber sind meistens Massenunterkünfte, manchmal weit entfernt vom nächsten Dorf. Die Kosten einer gescheiterten Integration aber sind viel höher als kurzfristige Einsparungen.

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