Niederbayern:Vater vergisst Dreijährige in der Kneipe

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Der Mann ist nicht mehr ganz nüchtern, als er im Wirtshaus Pommes für seine dreijährige Tochter und für sich selbst ein Bier bestellt. Dann will er kurz Geld holen - und kommt nicht wieder.

Von Wolfgang Wittl, Plattling

Am Montagvormittag hatte Markus Schiefeneder, der Wirt des Preysinghofs in Plattling, noch ein wenig aufzuräumen. Kein benutztes Geschirr, keine Tische oder Stühle, sondern mit einem bösen Gerücht: dass man in seinem Gasthaus ein dreijähriges Mädchen zurücklassen könne, einfach so als Pfand für eine Zeche, wie ihm Kritiker im Internet vorwarfen. Unfug, sagt Schiefeneder, von Pfand sei nie die Rede gewesen. Doch der Reihe nach.

Es war wohl eine fröhliche Geburtstagsfeier, von der ein 31-jähriger Vater am Samstag mit seiner kleinen Tochter nach Hause ging - intensiv war sie auf jeden Fall. Der Mann soll bereits erheblich angetrunken gewesen sein, als er gegen 20 Uhr am Stadtplatz vorbeikam. Trotzdem entschloss er sich zu einer weiteren Einkehr. Man kann ordentlich speisen im Preysinghof, einer gemütlichen bayerischen Wirtschaft. Der Mann beließ es bei einer Portion Pommes für seine dreijährige Begleitung, für sich selbst orderte er ein Bier.

Die Tochter wartete und wartete

Das Problem begann damit, als der Mann merkte, dass er kein Geld bei sich hatte. Also wollte er welches abheben, gleich neben der Wirtschaft befindet sich eine Bank. Der Gast habe sein Bier noch gar nicht ausgetrunken gehabt, sagt Wirtsmann Schiefeneder, es ging um 8,20 Euro. Er sei gleich wieder zurück, habe der Mann nur gerufen. Von da an verlor sich seine Spur. Seine Tochter wartete. Und wartete.

Was danach folgte, liest sich im Polizeibericht so: "Nachdem der offenbar alkoholisierte Mann nach einer Stunde noch nicht zurückgekehrt war und das Mädchen inzwischen verstört und unberuhigbar weinte, wurde die Polizei verständigt." Man habe versucht, das Kind zu trösten, erzählt der Gastwirt, sei damit aber an Grenzen gestoßen. Auch die Methoden der Beamten verfehlten bei der Kleinen ihre Wirkung. Das Jugendamt wurde eingeschaltet, sogar eine Gastfamilie war bereits bestimmt, doch irgendwann war das Mädchen immerhin so weit, dass es seinen Vornamen nannte. Dieser Anhaltspunkt reichte den Polizisten, um eine Tante ausfindig zu machen. Sie nahm sich des Kindes an.

Angeblich ging der Vater mit dem Hund spazieren

Was unterdessen der Vater machte, darüber sind sich die Ermittler bis jetzt noch nicht genau im Klaren. Angeblich sei er mit dem Hund spazieren gewesen, sagt der Leiter der Polizeiinspektion Plattling, Hermann Bieringer. Ob das stimmt, weiß niemand, vermutlich nicht einmal der Mann selbst. Der 31-Jährige war anscheinend derart betrunken, dass er nicht nur die offene Rechnung, sondern auch seine Tochter schlicht vergaß. Womöglich wähnte er sie noch bei der Geburtstagsfeier. Auch der Mutter fiel das Fehlen des Kindes nicht auf, sie war selbst noch unterwegs.

Mit kuriosen Fällen ist die Plattlinger Polizei vertraut. Sie hatte unlängst erst mit einem pensionierten Polizisten aus Osterhofen zu tun, der es als Strafzettel-Harri zu bundesweiter Berühmtheit brachte, weil er Anwohner in Hunderten Fällen wegen Falschparkens anzeigte. Um den Mann sei es dank mehrerer Gespräche ruhig geworden, sagt Dienststellenleiter Bieringer, auch die Sache mit dem Kind müsse man nicht dramatisieren. Dennoch müsse die Polizei wegen Zechbetrugs und Verletzung der Fürsorgepflicht ermitteln.

Am Montag meldete sich die Mutter der Dreijährigen bei der Polizei. Es war ihr ein Bedürfnis klarzustellen, dass ihr Mann und sie keine schlechten Eltern seien. Die offene Rechnung von 8,20 Euro wurde bereits am Samstagabend von Verwandten beglichen. Für ihn, sagt der Wirt, sei die Sache längst gegessen.

© SZ vom 24.06.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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