Parteitag:Merkel lobt die CSU - und lässt sie abblitzen

CSU-Parteitag

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Horst Seehofer

(Foto: dpa)
  • Beim Parteitag in München stimmen die etwa 1000 CSU-Delegierten mit großer Mehrheit für den Leitantrag, der eine Obergrenze für Flüchtlinge in Deutschland fordert.
  • Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) lehnt eine Obergrenze für Flüchtlinge aber nach wie vor ab.

Merkel: "Abschottung ist keine Lösung"

"Lieber Horst Seehofer - sitzt du schon?" - Mit einem kleinen Lacher beginnt Bundeskanzlerin Angela Merkel ihre Rede auf dem CSU-Parteitag in München, viel zu lachen gibt es für die etwa 1000 Delegierten allerdings nicht: Gerade noch haben sie den Leitantrag der Partei verabschiedet, der eine Obergrenze für Flüchtlinge im Jahr 2016 fordert. Eine Kurskorrektur hat CSU-Chef Horst Seehofer von ihr verlangt. "Deutschland muss jetzt ein Signal aussenden, dass unsere Kapazitätsgrenzen bereits erreicht sind", heißt es in dem Leitantrag.

Und was sagt die Bundeskanzlerin dazu? Sie spricht an diesem Freitagabend davon, dass Fluchtursachen bekämpft, Außengrenzen besser geschützt und Lasten geteilt werden müssten. Aber einer nationalen Obergrenze für Flüchtlinge erteilt die Kanzlerin eine klare Absage: "Abschottung ist keine Lösung."

Ein Einlenken war von den CSU-Delegierten auf dem Parteitag auch gar nicht erwartet worden. Sicherheitshalber hatte Seehofer die Order ausgegeben, Merkel "anständig" zu empfangen. Bei ihrer Ankunft gab es Applaus und nur vereinzelt Pfiffe.Trotz unterschiedlicher Ansichten, was die Frage nach einer Obergrenze betrifft, hat Merkel viel lobende Worte für die CSU übrig. Bayern leiste in der Flüchtlingspolitik "Überragendes". Und im Allgemeinen funktioniere die Zusammenarbeit der Schwesterparteien sehr gut, "überlegen Sie mal, was ohne CDU und CSU in Deutschland los wäre!". Dafür erntet Merkel dann sogar etwas mehr Applaus.

Seehofer kontert auf Merkels Rede in scheinbar freundlichem Ton - und bleibt in der Sache unerbittlich. "Du weißt, dass wir hartnäckig für dieses Ziel arbeiten", sagt Seehofer an die neben ihm auf der Bühne stehende Merkel gerichtet. "Wir haben diese große Bitte und Forderung, dass wir weiter reden über Obergenzen." Nur vordergründig gibt sich der CSU-Chef an diesem Abend versöhnlich: "Ich trage nach wie vor die Hoffnung im Herzen, manchmal auch ein Stück Gewissheit: Wir werden uns noch irgendwie verständigen."

Für Merkel scheint die Botschaft klar: Sie muss sich vom CSU-Chef auf offener vorführen lassen. Ohne weiteren Gruß verlässt Merkel nach Seehofers Replik den Saal. Die Blumen und ein Geschenk zum zehnjährigen Jubiläum ihrer Kanzlerschaft drückt sie einem Mitarbeiter in die Hand und schon ist sie weg - kein Abschiedsgruß, kein Winken, durch einen Seiteneingang verlässt sie die Halle. Als Merkel gerade raus ist, nimmt Seehofer die Gratulationen von teilweise vor Freude feixenden Christsozialen entgegen. Den CSU-Chef scheint das zu bestärken. "Sie wollte das so", sagt er.

Was die CSU fordert

CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer hat zu Beginn des Parteitags von einer "Völkerwanderung" gesprochen. "Und diese Völkerwanderung macht nicht vor den Toren Europas halt." Seit Jahresbeginn wurden in Deutschland mehr als 900 000 Flüchtlinge registriert. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann zitierte die aktuellen Zahlen aus dem EASY-System ("Erstverteilung von Asylbegehrenden") von Bund und Ländern. Die Zahl sei in der Nacht zum Freitag überschritten worden. "Es ist offenkundig, dass wir das nicht in dieser Größenordnung in das nächste Jahr fortsetzen können", sagte Herrmann - auch wenn manche Flüchtlinge möglicherweise doppelt gezählt worden seien oder Deutschland schon wieder verlassen hätten.

Auf dem Parteitag stimmten die CSU-Mitglieder für zwei Anträge, die das Tragen von Burka und Niqab (Vollverschleierung) in der Öffentlichkeit untersagen sollen. Die CSU-Landesgruppe im Bundestag solle sich für eine entsprechende Gesetzesänderung einsetzen. In einem der beiden Anträge, der auch von Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt mit eingebracht wurde, wird auf das Burka-Verbot in Frankreich verwiesen. Der Europäische Gerichtshof habe in einem Urteil vom 1. Juli 2014 festgestellt, dass das französische Gesetz menschenrechtskonform sei.

Weitere Beschlüsse des Parteitags

  • Der Terror von Paris wurde in einer Resolution verurteilt. Die Gewalttat sei "ein Angriff auf unsere Freiheit, auf unserer Werte".
  • Cannabis soll verboten bleiben. Ein entsprechender Antrag wurde beschlossen. Demnach solle "jeder Legalisierung (mit Ausnahme der Verwendung in der Medizin) strikt" entgegengetreten werden.
  • Die CSU lehnt ein bargeldloses Finanzsystem ab. Bargeld soll nicht abgeschafft werden.
  • In Sachen Bildung will die CSU keine Entscheidungsgewalt abgeben. Die Staatsregierung solle sich "gegen jegliche weitere Kompetenzabgabe (...) an den Bund" einsetzen.

Spannungen zwischen Seehofer und Söder

Zweites dominierendes Gesprächsthema auf dem Parteitag neben dem Konflikt mit Merkel sind die Spannungen zwischen Parteichef Horst Seehofer und dem potenziellen Nachfolger Markus Söder. Seehofer hatte seinen Finanzminister in einem Interview wegen Äußerungen zur Asylpolitik abgekanzelt und ihm "persönliche und parteipolitische Motive" vorgeworfen. Das hatte vor allem in der CSU-Landtagsfraktion ein sehr negatives Echo - ein Abgeordnete sprach am Rande des Parteitags von "Gräben" und "Frontenbildung".

Söder bemühte sich vor Beginn des Parteitags, den Konflikt zu entschärfen, um nicht für einen möglichen Dämpfer bei Seehofers anstehender Wiederwahl zum Parteichef am Samstag verantwortlich gemacht zu werden. "Ich werde alles dafür tun, damit es gute Stimmergebnisse gibt", sagte Söder.

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