Parteitag der bayerischen Grünen:"Wir sind hier nicht beim Hähnewettkrähen"

Die Grünen küren ihre Fraktionschefin Margarete Bause zur Nummer eins für die Landtagswahl. Die Delegierten reagieren begeistert auf ihre Rede, in der sie über vieles spricht - nur nicht über Ude und Aiwanger.

Frank Müller, Rosenheim

Landesdelegiertenkonferenz der Gruenen Bayern

Begeistert mit ihrer Rede auf der Landesdelegiertenkonferenz der bayerischen Grünen: Margarete Bause mit Parteichefin Claudia Roth (links).

(Foto: dapd)

Es ist ziemlich genau Halbzeit auf dem zweitägigen Parteitag der Grünen in Rosenheim, da gibt es auf der Bühne endlich das Bild, das die Partei von sich zeigen wollte: Margarete Bause, die neue Spitzenkandidatin, schwenkt eine Bayernfahne, nicht aus weiß-blauen, sondern aus weiß-grünen Rauten.

Um sie herum strahlen Bayerns Spitzenfunktionäre Theresa Schopper, Dieter Janecek und Martin Runge mit der Bundesvorsitzenden Claudia Roth um die Wette. Die Fahne ist groß und schwer, es ist gar nicht so leicht, sie lässig zu schwenken. Aber Margarete Bause reckt die Faust. Die Delegierten jubeln und spenden zwei Minuten lang stehend Applaus, das gibt es bei den Grünen auch nicht immer.

Bauses Kür ist der Mittel- und Höhepunkt des Grünen-Delegiertentreffens. Gut elf Monate vor der Landtagswahl sind die Grünen die erste Landtagspartei, die mit einem Spitzenkandidaten nach vorne geht. Von Horst Seehofer (CSU), Christian Ude (SPD) oder auch Hubert Aiwanger (Freie Wähler) ist zwar überall viel die Rede. Deren Nominierung jedoch steht in allen Fällen nach aus, die Grünen preschen mit einer Frau in die Männerlücke - all das empfindet die Parteiführung als gelungenen Auftakt für den Wahlkampf.

Zumal da auch das Ergebnis stimmt: Mit CSU-tauglichen 93,7 Prozent wird die derzeitige Ko-Chefin der Landtagsfraktion zur Spitzenkandidatin gewählt. Das sind noch einmal zehn Punkte mehr, als sie Janecek später bei seiner Wiederwahl zum Landeschef erhält. Bei der Bekanntgabe von Bauses Ergebnisses wird sie auf der Bühne gleich zur "zukünftigen stellvertretenden Ministerpräsidentin des Freistaats Bayern" ausgerufen.

Vom Posten des Regierungschefs spricht dagegen niemand, auch wenn viel vom Vorbild Baden-Württemberg die Rede ist. Dort haben es die Grünen mit Winfried Kretschmann an die Spitze geschafft. Auf die Wand hinter der Bühne wird der Name Bause mit der Bezeichnung "B-Spitzenkandidatur" projiziert. Doch B steht nur für "Bewerbungen" und soll keine Zweitklassigkeit bedeuten. Man kann auch B wie Bayern lesen. Oder wie Bause, wie's beliebt.

Jedenfalls schafft es die Spitzenkandidatin, ihre Partei zu begeistern. Sie wählt einen leisen Einstieg in ihre Bewerbungsrede und spricht von dem etwas unbeholfenen Computerspiel "Aufbruch Bayern", mit dem die Staatskanzlei einigen Spott auf sich gezogen hatte. An ihm zeige sich das größte Problem der CSU, sagt Bause: "dass sie um alles in der Welt modern wirken wollen". Aber: "Sie wissen nicht, wie das geht."

Die Menschen hätten jene "typische CSU-Mischung zwischen Großkotzigkeit und Kleingeistigkeit" satt, sagt sie und nennt die BayernLB, das Betreuungsgeld, die Energiewende und den Kampf gegen Neonazis. Daran, wann das Ziel erreicht ist, lässt sie keinen Zweifel: "Wenn die CSU in die Opposition geht und wenn wir dieses Bayern endlich mitregieren."

"Ich kenne Kühe, Hühner und Schweine"

Bause spricht auch selbst Vorbehalte an, die es in der Partei gegen sie als Spitzenkandidatin gegeben habe: "Ist die denn die richtige Wahlkämpferin fürs Land?", sei sie als "Großstadtpflanze" gefragt worden. Sie kehrt ihren niederbayerischen Hintergrund hervor: "Ich komme von Land. Ich bin auf einem Einödhof in Niederbayern aufgewachsen. Ich weiß, wie lange Schulwege sein können. Ich weiß auch, wie man im Stall arbeitet. Ich kenne Kühe, Hühner und Schweine nicht nur vom Sonntagsbraten" - solche Sätze gipfeln dann in dem Motto: "Auch im hintersten Winkel von Bayern gibt es Frauen mit roten Haaren."

Weil sie schon auf der bäuerlichen Schiene ist, rechnet sie noch mit CSU-Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner ab. "Seehofers Wohlfühlwaffe" spreche sich in Bayern für nachhaltige Landwirtschaft aus und betreibe in Berlin das Gegenteil. Bause: "Unser Bedarf an Doppelmoral und Doppelzüngigkeit ist weit gedeckt."

Dabei fällt vor allem auf, worüber sie nicht redet: über SPD und Freie Wähler, mit denen die Ablösung der CSU in einem Dreierbündnis nach bisheriger Lesart klappen soll. Ude und Aiwanger tauchen in ihrer Rede gar nicht auf, höchstens indirekt mit abwertendem Unterton: "Ich bin mit drei Brüdern aufgewachsen", sagt sie, und dabei klingen die Namen Seehofer, Ude, Aiwanger mit. "Ich finde, das ist auch eine gute biographische Voraussetzung für den Job, den ich jetzt anstrebe. Herumgockeln beeindruckt mich nicht."

Ihren Mitbewerbern ruft sie zu: "Hey Jungs, wir sind hier nicht beim Hähnewettkrähen, wir sind dabei, die Zukunft für Bayern zu gestalten. Konzentriert euch mal darauf!"

Das Ausblenden der möglichen Partner zieht sich auch durch fast alle Reden der Parteiführer, aber auch der normalen Delegierten. Dafür zeigt sich die Partei auch bei der sachlichen Antragsarbeit nach innen weitgehend geschlossen.

Nur beim Euro-Thema brechen Fronten auf. Fraktionschef Martin Runge, der sich intern mit einer kritischen Haltung zur Eurorettung den Vorwurf des Populismus einhandelte, geht mit einigen Anträgen unter. Gegen seinen Widerstand beschließen die Grünen ein klares Bekenntnis zu Euro-Bonds.

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