Paketdienste in der Weihnachtszeit:Treppauf, treppab

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Nur keine Zeit verlieren: Ein Paketbote registriert die Päckchen, bevor er sie an die Haushalte liefert. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Mit 31,5 Kilogramm in den vierten Stock - und wieder zurück: Paketboten meistern einen Knochenjob, doch ihr Lohn ist gering. Viele können sich den Lebensunterhalt in München nicht leisten, manche übernachten sogar im Auto.

Von Katja Riedel

"Sehr gute Sozialleistungen, hoher Verdienst, umfassende Einarbeitung, dauerhafte Beschäftigungsmöglichkeit" - es klingt nach einem echten Traumjob, für den ein Paketdienst im Osten Münchens Bewerber sucht. Doch das, was Paketboten leisten müssen, ist oft alles andere als traumhaft. Paketbote zu sein, ist ein richtiger Knochenjob. Mit 22,4 Krankentagen standen die Postdienstler 2011 an der Spitze aller Berufsgruppen, ergab eine Gesundheitsstudie der BKK.

Wie hart der Job ist, hängt auch davon ab, für wen man Pakete ausfährt. Der Paketdienst der Deutschen Post, DHL, bezahlt nahezu allen Paketboten ein Tarifgehalt, los geht dies mit 11,48 Euro pro Stunde. Mit den gleichen Käppis, in den gleichen Uniformen, klingeln aber mitunter auch Mitarbeiter der Posttochter DHL Express an der Haustür - und für sie gelten weniger komfortable Bedingungen, heißt es bei der Gewerkschaft.

Bezahlung "unter der Gürtellinie"

Auch bei UPS bekommen diejenigen, die direkt beim Unternehmen angestellt sind, Tariflöhne, immerhin 50 bis 80 Prozent der Männer und Frauen in den braunen Uniformen. Vor allem bei kleineren Dienstleistern wie GLS oder DPD "ist die Bezahlung unter der Gürtellinie", sagt Michael Knüttel, der sich für die Gewerkschaft Verdi in München um die Post kümmert. Hermes und DPD arbeiten nur mit Subunternehmern, die pro Paket bezahlt werden - und nur, wenn das Paket auch den Empfänger erreicht.

Der Lieferwagen, der Sprit- all das müsse der Bote selbst aufbringen. "Das führt dazu, dass manche sogar im Auto übernachten", sagt Knüttel. "Die Lebenshaltungskosten können diese Leute nicht mehr bewältigen, eine Kaffeemaschine im Transporter, das war's".

Besonders viele Subunternehmer sind in München und anderswo rund um das Weihnachtsgeschäft unterwegs. Denn die Gaben werden - wie Kleidung, wie Bücher und Elektroartikel überhaupt - immer häufiger über das Internet bestellt und dann nach Hause geliefert. Allein bei DHL erwartet man in diesem Jahr deutschlandweit mehr als eine Milliarde ausgelieferter Pakete - 2007 waren es noch 753 Millionen.

Von Oktober an herrscht das, was die Branche "Starkverkehr" nennt. Dann steige der Umsatz wöchentlich um zehn Prozent, zwei Wochen vor Weihnachten sind es 2,7 Millionen und damit mehr als doppelt so viele Pakete wie während des restlichen Jahres, die im Großraum München verteilt werden.

Zu schaffen macht den Paketboten nicht nur die schiere Menge; um diese zu bewältigen, werden Saisonkräfte eingestellt. In Knie und Kreuz gehen vor allem die schweren Pakete. Gerade in den Städten, in denen viele Menschen kein eigenes Auto mehr haben, lassen diese sich Sperriges und Schweres gern nach Hause liefern: Matratzen, Fernseher, Hundefutter und Katzenstreu.

Die Branche denkt über Abendlieferungen nach

20 Kilogramm eine Matratze, 25 Kilo das Hundefutter, gut 30 die Riesenbox Waschmittel. Mehr als 31,5 Kilogramm darf kein Paket wiegen, das über die Post verschickt wird, dann sind Spediteure gefragt. Doch wer mehrmals am Tag ohne Hilfe 30 Kilo in den vierten Stock wuchtet, der spürt das am Abend - noch mehr, wenn er es wieder in seinen Wagen zurückbringen muss, weil in vielen Singlehaushalten tagsüber niemand zu Hause ist.

Darum denkt die Branche über Abendlieferungen nach. Anton Hirtreiter würde solch flexible Lieferungen befürworten, auch solche innerhalb eines vereinbarten Terminfensters. Er ist bei Verdi Bayern für die Postbranche zuständig und setzt darauf, möglichst bald mehr Paketboten in Tarifbedingungen einzubinden.

Der Gesetzgeber sollte es den Paketdiensten auch mit Kontrollen schwerer machen, gegen Gesetze zu verstoßen - gerade Subunternehmer kutschierten mit völlig überladenen Transportern durch die Städte. Hirtreiter will die Knauserei in der Paketbranche teuer machen - damit sie sich nicht mehr lohnt.

© SZ vom 19.12.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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