ORH-Bericht:Wo Bayern schludert

Bayerischer Oberster Rechnungshof in München, 2010

Der neue Jahresbericht der Kassenprüfer vom ORH enthält wieder eine Fülle von Klagen und Mahnungen.

(Foto: Catherina Hess)
  • Die Kassenprüfer des Obersten Rechnungshofs Bayerns kritisieren in ihrem Jahresbericht etliche Mängel.
  • Das Finanzamt München etwa prüfe nicht ausreichend, besonders bei Steuerpflichtigen mit hohen Einkünften - das führe zu Steuerausfällen in Millionenhöhe.
  • Außerdem im Bericht: Motorsägekurse seien nicht Staatsaufgabe.
  • Auch beim Ausbau der Ganztagesschulen, beim Gärtnerplatztheater oder der Staatsgemäldesammlung wird Geld falsch ausgegeben.

Der Bayerische Oberste Rechnungshof (ORH) beklagt in seinem neuen Jahresbericht eine Reihe von Mängeln. Vergangenes Jahr kritisierten die Kassenprüfer die Staatsregierung unter anderem für ihre mangelhafte Schuldentilgung. Der neue Bericht enthält eine Fülle von Klagen und Mahnungen: zur Steuerfahndung, zur Ganztagesschule, zu Motorsägekursen und vielem mehr. Ein Überblick:

Steuerfahndung und Finanzämter: Ausfälle in Millionenhöhe

Eine Reihe teils deutlicher Mängel sieht der ORH bei Finanzämtern, bei der Steuerfahndung und bei Betriebsprüfungen. Beispielsweise bemängeln die obersten Kassenprüfer "erhebliche Arbeitsrückstände" in einzelnen Bereichen des Finanzamts München. So führe eine zu geringe Prüfdichte bei kleineren und mittleren Arbeitgebern zu jährlichen Steuerausfällen in Millionenhöhe, warnt der ORH in der Expertise.

"Die festgestellten Arbeitsrückstände müssen zügig abgebaut werden", verlangen die Kassenprüfer. Sie verweisen darauf, dass 36 Prozent des bayerischen Steueraufkommens über das Finanzamt München liefen.

"Insbesondere bei Steuerpflichtigen mit hohen Einkünften, die keine Steuererklärungen abgeben, müssen die gesetzlichen Möglichkeiten zur Einforderung der Erklärungen wirkungsvoller eingesetzt werden", heißt es in dem Bericht. Die bisher festgesetzten Zwangsgelder und Verspätungszuschläge seien aus Sicht des ORH deutlich zu niedrig: "Damit lässt sich der notwendige Druck zur Abgabe von Steuererklärungen nicht ausüben."

Defizite sieht der ORH auch bei der Außenprüfung sogenannter bargeldintensiver Betriebe - darunter fallen etwa die Gastronomie, Friseure und Taxifahrer. In vielen Fällen würden die Betriebseinnahmen nicht ausreichend und zu oberflächlich geprüft. Jede dritte Außenprüfung wurde vom ORH deshalb beanstandet. Darüber hinaus beklagt der ORH einen zum Teil unzureichenden Informationsaustausch zwischen Steuerfahndung und Betriebsprüfung. Obwohl Meldungen von Betriebsprüfern an die Steuerfahndung im Schnitt zu kräftigen Steuermehreinnahmen führten, sei die Anzahl dieser Meldungen zu gering. Das müsse sich ändern.

Motorsägekurse: "nicht Aufgabe einer staatlichen Verwaltung"

Auch Skurriles findet sich im aktuellen ORH-Bericht: Der Rechnungshof kritisiert, dass die Forstverwaltung flächendeckend Motorsägekurse für Waldbesitzer anbiete. Wörtlich stellen die Rechnungsprüfer fest: "Nach Auffassung des ORH ist es nicht Aufgabe einer staatlichen Verwaltung, Privatpersonen in Theorie und Praxis der Handhabung technischer Geräte zu unterweisen." Das Angebot gehöre eingestellt. "Das Personal sollte für seine ursprünglich vorgesehenen Aufgaben eingesetzt werden."

Zwar sei die "Waldpädagogik" Aufgabe der Forstbehörden, also Kinder und Jugendliche mit dem Wald vertraut zu machen. Allerdings richteten sich die Walderlebniszentren dem ORH zufolge nur in geringem Umfang auf ihre eigentlichen Zielgruppen aus.

Mangelnde Unterstützung für Ausbau von Ganztagesschulen

In dem Prüfbericht bemängelt der ORH auch, dass das Kultusministerium den Schulen zu wenig klare Regeln für den Aufbau von Ganztagesschulen an die Hand gibt. Der Verwaltungsaufwand für die Organisation der Ganztagsbetreuung sei zu hoch, die Schulen würden alleingelassen, heißt es. Und es fehlten Kontrollen der vorhandenen Kriterien.

Bei elf von 18 geprüften Schulen seien zum Beispiel mehr Gruppen genehmigt worden, als aufgrund der tatsächlich teilnehmenden Schüler erforderlich gewesen wären. Der ORH fordert vom Ministerium, Regeln zu Gruppenbildung und Budgets klarer zu fassen.

Gärtnerplatztheater: Keine realistische Finanzplanung

Als Staatstheater ist das Theater am Gärtnerplatz in München dem Kunstministerium unterstellt - auch hier üben die Prüfer Kritik an der Staatsregierung. Das Ministerium müsse dort seine Aufgabe zur Steuerung, Planung und Bewirtschaftung der Haushaltsmittel besser wahrnehmen, heißt es in dem Bericht.

Von 2010 bis 2014 stiegen die Mittel, die das Gärtnerplatztheater ausgeben konnte, von 34,6 Millionen Euro auf 40,4 Millionen - also um fast 17 Prozent. Da sich die Ausgaben aber bis 2013 kaum verändert hatten und auch 2014 erst 35,5 Millionen Euro betrugen, entstanden Jahr für Jahr hohe Ausgabereste; 2014 in Höhe von fünf Millioonen Euro.

Obwohl das Theater derzeit saniert wird und der Betrieb vorübergehend in Giesing weiterläuft, sei es gut ausgelastet. Jedoch werde nicht realistisch geplant. Das Ministerium stellt dem Gärtnerplatztheater demnach mehr Geld zur Verfügung als benötigt wird. Im Bericht steht: "Die Ausgabereste hätten nicht einfach in das Budget fließen dürfen, sondern entweder für konkrete Projekte verplant oder eingezogen werden müssen. Eine gute Steuerung der Mittelbewirtschaftung sieht anders aus; so sind Haushaltsmittel in Millionenhöhe grundlos gebunden worden."

Staatsgemäldesammlung: Mitarbeiter in falschen Tarifgruppen

Bei der Bayerischen Staatsgemäldesammlung kritisiert der ORH die Personalwirtschaft. Konkret heißt das: Die Mitarbeiter im Personalreferat seien für ihre Aufgaben im Tarif- und Arbeitsrecht kaum qualifiziert oder fortgebildet. Außerdem gibt es kaum belastbare Stellenbeschreibungen, auf die sie bei der tarifgerechten Eingruppierung der Mitarbeiter zurückgreifen können.

Die Folge: Die Eingruppierung der Mitarbeiter entspreche häufig nicht den tarifrechtlichen Anforderungen. Dieses Defizit führt zu jährlichen Fehlzahlungen in Höhe von 560 000 Euro. Der ORH fordert das zuständige Kultusministerium nun auf, die Beschäftigten so rasch wie möglich in die entsprechende Tarifgruppe einzugruppieren. Denn die Zeit drängt. Überbezahlungen können nur innerhalb von sechs Monaten zurückgefordert werden.

Mit Blick auf den gesamten Staatshaushalt fordert der ORH die Staatsregierung zu mehr Sparsamkeit auf. Das Ziel, sämtliche Schulden bis zum Jahr 2030 abzubauen, könne "nur im Zusammenwirken von Ausgabendisziplin und Schuldentilgung erreicht werden". Deshalb sei die Ausgabensteigerung in künftigen Haushalten zu begrenzen, und es müssten auch weiterhin Schulden getilgt werden, mahnt der ORH.

Den ganzen ORH-Bericht finden Sie hier.

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