Arnschwang:"Wir können es alle nicht fassen"

Andacht für Fünfjährigen

Andacht für getöteten Fünfjährigen in der Sankt-Martins-Kirche in Arnschwang.

(Foto: dpa)

Im oberpfälzischen Arnschwang nehmen die Kindergartenfreunde Abschied von Samir, der in einer Flüchtlingsunterkunft erstochen wurde. Unterdessen werden die Fragen der Bürger drängender.

Ein herzförmiges Schild in Regenbogenfarben, darauf steht der Name Samir - vor dem Altar der Pfarrkirche St. Martin im oberpfälzischen Arnschwang erinnert eine kleine Gedenkstätte an den Fünfjährigen, der vergangenen Samstag in der örtlichen Flüchtlingsunterkunft von einem Mitbewohner erstochen worden war. In einem Trauergottesdienst nehmen die Kindergartenfreunde des Jungen Abschied.

Begleitet von ihren Eltern, Kindergärtnerinnen und weiteren Gemeindemitgliedern kommen die Mädchen und Buben in die Kirche von Arnschwang - einem idyllischen Fleckchen Erde, an dem das Vogelgezwitscher und das Krähen eines Hahnes die Motorengeräusche der Autos übertönt. Pfarrer Joseph Kata hatte zuvor betont, die Andacht richte sich insbesondere an die Kinder. In bunten Kleidchen, kurzen Hosen und mit Blumen in den Händen nehmen die Kleinen auf den Bänken Platz. Auch Bürgermeister Michael Multerer sowie Vertreter von Polizei und Rotem Kreuz nehmen teil. "Es wäre gelogen, wenn wir sagen würden: Alles wird wieder gut!", sagt Kata. "Unser Leben ist jetzt anders. Samir wird uns unendlich fehlen."

Die Hilfslosigkeit ist groß

Als er die Mutter und den Bruder des Fünfjährigen im Krankenhaus besuchte, hätten die beiden immer wieder gesagt: "Wir können es nicht glauben", berichtet der Pfarrer. "Ja, es ist schwer zu realisieren, dass Samir tatsächlich tot und sein Leben schon zu Ende ist. Wir können es alle nicht fassen."

Andacht für Fünfjährigen

Vor dem Kindergarten erinnern Blumen und Kerzen an den Fünfjährigen.

(Foto: dpa)

Zum Kirchenlied "Meine Zeit steht in deinen Händen" kommen die Kinder nach und nach zum Altar und legen ihre Blumen auf die Stufen vor das herzförmige Schild. Manche haben Rosen dabei, andere bringen Gerbera und Margeriten mit. Betroffen verlassen die Menschen am Ende des Gottesdienstes die Kirche. Einige Erwachsene haben Tränen in den Augen, andere umarmen sich.

Im Sonnenschein vor der Kirche stehen die Leute noch in kleinen Gruppen zusammen. "Es ist eine absolute Tragödie", sagt eine Frau. "Man weiß gar nicht, was man da tun kann", ergänzt eine andere. Die Hilflosigkeit angesichts der Tat ist groß.

"Das ist ein Ereignis, das kann man sich in seinen kühnsten Träumen nicht vorstellen", sagt Bürgermeister Multerer. Es werde eine Aufarbeitung geben müssen, der Fall sei inzwischen ein Politikum. "Aber heute steht die Trauer im Vordergrund." Zu ihm kämen immer wieder Bürger mit Fragen. Vor allem wollten sie wissen, warum der Mann in der Unterkunft wohnen durfte. "Dass die Rechtslage das zulässt, das ist meiner Meinung nach ein Skandal."

Als verurteilter Straftäter hätte der 41-Jährige, der Samir tötete, nach Afghanistan abgeschoben werden sollen. Doch er hatte sich als Konvertit, der vom Islam zum Christentum übergetreten war, rechtlich dagegen gewehrt, so dass 2014 ein Abschiebeverbot ausgesprochen worden war. Dass der Mann in zwei Urteilen aus 2012 und 2014 als gefährlich eingestuft worden war, wusste die Regierung der Oberfalz nach eigenen Angaben nicht.

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