Oberpfalz:Spendenaffäre erreicht Regensburger Ex-Oberbürgermeister

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CSU-Mann Hans Schaidinger soll als Berater für die Baufirma Tretzel arbeiten. Das Unternehmen steht im Verdacht, sich das Wohlwollen des aktuellen Oberbürgermeisters gekauft zu haben.

Von Andreas Glas und Wolfgang Wittl, Regensburg

Nach Oberbürgermeister Joachim Wolbergs (SPD) gerät nun auch dessen Amtsvorgänger Hans Schaidinger (CSU) in die Turbulenzen der Regensburger Parteispendenaffäre. Der Hintergrund ist ein Beratervertrag, den Schaidinger mit der Immobilienfirma Tretzel geschlossen haben soll - jener Firma, die im Verdacht der Staatsanwaltschaft steht, Wolbergs' Wohlwollen mit mehr als 300 000 Euro gekauft zu haben.

Den Vertrag soll Schaidinger im Herbst 2014 unterzeichnet haben und damit ein halbes Jahr nach dem Ende seiner langjährigen Amtszeit als Oberbürgermeister. Seither hat Schaidinger offenbar mehrere Hunderttausend Euro Beraterhonorar erhalten.

In der vergangenen Woche hatte die Süddeutsche Zeitung die Firma Tretzel mit der Frage nach einem Beratervertrag mit dem früheren Regensburger OB konfrontiert. Eine Antwort ist das Unternehmen schuldig geblieben. Das Regensburger Wochenblatt berichtet nun - ohne dies zu belegen - von einem "Beratungsmandat" für "allgemeine immobilienwirtschaftliche Fragestellungen". Was darunter genau zu verstehen ist, bleibt aber offen.

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Ebenso die entscheidende Frage: Hat Hans Schaidinger seine spätere Beratertätigkeit bereits während seiner Amtszeit mit der Firma Tretzel vereinbart? Falls ja, stünde neben Joachim Wolbergs auch Schaidinger im Verdacht, das Immobilienunternehmen im Gegenzug bei städtischen Bauvorhaben bevorzugt zu haben. Fest steht: Gegen Schaidinger wird offenbar nicht ermittelt, auch wenn sich die Staatsanwaltschaft dazu nicht äußern wollte. Schaidinger selbst war am Donnerstag nicht zu erreichen.

Mit Hans Schaidinger, 67, gerät ein Mann ins Zwielicht, der fast zwei Jahrzehnte lang als lokalpolitisches Schwergewicht der CSU galt. Von 1996 bis 2014 war er Regensburger Oberbürgermeister, zudem sechs Jahre Vorsitzender des Bayerischen Städtetages und sieben Jahre Verwaltungsrat der Bayerischen Landesbank.

Als OB war er an zahlreichen städtischen Grundstücksgeschäften mit privaten Immobilienfirmen beteiligt. Größere Beschwerden, dass einzelne Bauträger öfter zum Zuge kamen als andere, sind aus dieser Zeit nicht bekannt. Erst unter Wolbergs klagten Immobilienunternehmer, dass Projekte an wenige, ganz bestimmte Firmen vergeben würden - darunter die Tretzel GmbH.

Was Wolbergs vorgeworfen wird

Dass das Verhältnis der Stadt zur Firma Tretzel womöglich enger war als zu anderen Baufirmen, darauf könnte auch eine heikle Personalie hindeuten, welche die SZ Anfang Juli aufgedeckt hatte: Ausgerechnet einen früheren Geschäftsführer der Firma Tretzel machte die kommunale Stadtbau GmbH, eine hundertprozentige Tochter der Stadt Regensburg, zu ihrem neuen technischen Leiter.

An diesem Donnerstag hat er seinen Posten angetreten - obwohl es in der Belegschaft heftigen Widerstand gegeben haben soll. Auch die CSU-Rathausfraktion hatte im Stadtrat beantragt, die Berufung des früheren Tretzel-Geschäftsführers rückgängig zu machen. Die Wolbergs-Koalition aus SPD, Grünen, Freien Wählern und FDP lehnte den CSU-Antrag jedoch geschlossen ab.

Seit Mitte Juni ermittelt die Justiz gegen OB Wolbergs wegen des Verdachts der Vorteilsannahme. Während seines Wahlkampfs 2013/14 soll er von drei Immobilienfirmen, darunter die Tretzel GmbH, insgesamt mehr als eine halbe Million Euro an Parteispenden erhalten haben - gestückelt in Beträge unter 10 000 Euro und zum Teil offenbar überwiesen von Strohmännern, um die Herkunft des Geldes zu verschleiern.

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Es besteht der Verdacht, dass Wolbergs die Geldgeber im Gegenzug bei Bauvorhaben bevorzugt hat. Die Staatsanwaltschaft ermittelt auch gegen die drei Unternehmer, die sich mit ihren Spenden Vorteile verschafft haben könnten, und gegen mindestens eine weitere Person, die als Strohmann tätig gewesen sein soll. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft sind die Ermittlungen so umfangreich, dass mit einem Abschluss frühestens Ende dieses Jahres zu rechnen ist.

© SZ vom 02.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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