Oberpfalz:Illegale Parteispenden: Ermittlungen gegen Regensburger Oberbürgermeister

Joachim Wolbergs

Unter Verdacht: SPD-Oberbürgermeister Joachim Wolbergs

(Foto: dpa)
  • Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den Regensburger OB Joachim Wolbergs wegen einer möglichen Vorteilsannahme.
  • Drei Bauunternehmer hatten über Jahre hinweg der SPD eine halbe Million Euro gespendet - das allerdings in Beträgen von weniger als 10 000 Euro, um nicht im Rechenschaftsbericht aufzutauchen.
  • Privat- und Diensträume der Verdächtigen wurden untersucht.
  • Der Oberbürgermeister lässt ausrichten, er habe "ein reines Gewissen".

Von Andreas Glas und Wolfgang Wittl, Regensburg

Ermittlungen wegen illegaler Parteispenden bringen den Regensburger Oberbürgermeister Joachim Wolbergs (SPD) in massive Bedrängnis. Wie die Staatsanwaltschaft Regensburg am Dienstagnachmittag mitteilte, soll der Regensburger SPD-Ortsverein, dessen Vorsitzender Wolbergs ist, in den vergangenen drei Jahren mehr als 500 000 Euro an Spenden aus der Immobilienbranche angenommen haben.

Nun besteht der Verdacht, dass der OB die Geldgeber im Gegenzug bei Bauvorhaben bevorzugt hat. Die Staatsanwaltschaft ermittelt auch gegen die drei Bauunternehmer, die sich mit ihren Spenden Vorteile verschafft haben könnten. Ins Rollen gebracht hat die Ermittlungen wohl ausgerechnet ein Parteifreund: Der Landeschatzmeister der SPD habe Hinweise an die Staatsanwaltschaft weitergegeben, "weil er einen rechtlichen Verstoß auf keinen Fall für sich behalten wollte", sagte SPD-Generalsekretärin Natascha Kohnen.

"Der Oberbürgermeister ist nicht käuflich. Und es hat auch noch nie jemand versucht, den Oberbürgermeister zu kaufen", sagte Wolbergs am Dienstagabend dem BR. Zuvor hatte er über den Rechtsreferenten der Stadt, Wolfgang Schörnig, ausrichten, lassen, er habe "ein reines Gewissen" und könne "sich nichts vorwerfen".

Dass am Dienstag Ermittler der Staatsanwaltschaft angerückt seien, um Privat- und Büroräume der Verdächtigen - darunter das Immobilienzentrum Regensburg - zu durchsuchen, sei "für uns alle überraschend" gekommen, sagte Schörnig bei einer Pressekonferenz im Regensburger Rathaus.

Er versicherte, dass es im Interesse des Oberbürgermeisters sei, "dass dieses Verfahren zügig und transparent durchgeführt" werde. Deshalb werde die Stadt der Staatsanwaltschaft alle wichtigen Unterlagen zur Verfügung stellen.

Wie Rechtsreferent Schörnig bestätigte, hat die Staatsanwaltschaft die Unterlagen sämtlicher Verwaltungsverfahren angefordert, an denen die vier jetzt unter Anfangsverdacht stehenden Personen seit 2011 beteiligt waren.

Unter anderem geht es um die Grundstücksvergabe im Zusammenhang mit der Nibelungenkaserne in Regensburg. Dabei war eine Rechtsaufsichtsbeschwerde eingereicht worden. "Die Regierung der Oberpfalz hatte nach Prüfung des Vorgangs festgestellt, dass dabei alles korrekt abgelaufen ist", sagte Schörnig.

Einzelbeträge von weniger als 10 000 Euro

Laut Staatsanwaltschaft gründet sich der Tatverdacht vor allem darauf, dass die ungewöhnlich hohe Spendensumme in Einzelbeträge von weniger als 10 000 Euro gestückelt worden sei. Für die Ermittler ist dies insofern relevant, weil es bei Parteispenden einen entscheidenden Grenzwert gibt: Wer weniger als 10 000 Euro an eine Partei überweist, dessen Name erscheint nicht im Rechenschaftsbericht der Partei.

Diese Regelung soll eigentlich Kleinspender schützen, könnte in diesem Fall aber ausgenutzt worden sein, um die Identität der Großspender aus der Baubranche gezielt zu verschleiern. Wie Schörnig sagte, wolle Wolbergs nun "ein zügiges Verfahren haben, um schnell zu offenbaren, dass sich der Anfangsverdacht nicht erhärten wird".

Natürlich stehe Wolbergs "jetzt im Fokus", der Regensburger OB sei "in einer Position, in der man Verantwortung für vieles übernehmen muss", sagte Schörnig. Diese Aussage wollte der Rechtsreferent allerdings nicht so verstanden wissen, dass Wolbergs an einen Rücktritt denke: "Der Oberbürgermeister geht derzeit seinen Geschäften nach wie jeden Tag.

Und er wird das auch weiterhin so tun." Die Regensburger SPD-Chefin Margit Wild zeigte sich geschockt. Auch sie erfuhr erst am Dienstagnachmittag während einer Plenarsitzung im Landtag von den Vorwürfen - über einen Nachrichtenticker der Münchner Landtagsfraktion, nicht etwa durch Informanten aus Regensburg. Am Abend zuvor hatte Wild noch an einer Sitzung der SPD-Stadtratsfraktion teilgenommen. Dass die Staatsanwaltschaft ermittle, sei dort nicht einmal ansatzweise angedeutet worden. "Ich bin geplättet", sagte Wild: "Das kann doch nicht sein."

In der Regensburger CSU zeigte man sich erstaunt über die Höhe der Beträge. Etwa 400 000 Euro habe der Wahlkampf des eigenen Kandidaten Christian Schlegl 2014 gekostet. Wenn es nun stimme, dass Wolbergs allein von drei Immobilienunternehmen 500 000 Euro bekommen habe, dürfte der Gesamtetat des SPD-Mannes im Vergleich zur CSU doppelt so hoch gewesen sein. Vom SPD-Stadtverband floss offenbar ein höherer fünfstelliger Betrag in Wolbergs Budget, die weitaus größere Summe setzte sich aus Spenden zusammen.

Die Spenden durch Immobilienfirmen werden in Regensburg besonders skeptisch gesehen, weil die Stadt eine eigenständige Baupolitik verfolge, wie Stadtratsmitglieder kritisieren: Städte wie München kaufen selbst Grundstücke, entwickeln sie und geben sie erst dann an Bauträger weiter - oft mit einer klaren Vorgabe für Sozialwohnungen.

In Regensburg hingegen kauften Firmen die Grundstücke oft selbst und warten, bis sie zu Bauland geworden sind. Auch den Gewinn durch die planerische Entwicklung schöpfen sie dann ab, und die Freiheiten beim Wohnungsbau seien größer als anderswo.

Wolbergs war vor zwei Jahren gewählt worden - als Nachfolger des CSU-Oberbürgermeisters Hans Schaidinger, der aus Altersgründen nicht mehr antreten durfte. Zuvor war Wolbergs sechs Jahre lang Dritter Bürgermeister. Dass sich der SPD-Kandidat durchsetzte, dürfte auch mit der Regensburger CSU zu tun gehabt haben, die sich in eine Reihe von Affären verstrickt hatte, die Gerichtsverfahren und Parteiaustritte zur Folge hatten.

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