Oberpfalz:Der Steinbruch im früheren KZ Flossenbürg soll Gedenkstätte werden

Ermittlungen gegen Demjanjuk - KZ-Gedenkstätte Flossenbürg

Im Steinbruch in Flossenbürg wird heute noch Granit abgebaut. Früher mussten Häftlinge auf dem Gelände schuften.

(Foto: picture alliance / dpa)
  • Der Steinbruch, in dem sich während des Zweiten Weltkriegs Zehntausende Häftlinge zu Tode arbeiteten, ist weiterhin in Betrieb.
  • Stefan Krapf kämpft seit vielen Jahren dafür, dass die Bagger verschwinden - doch der Freistaat hat Verträge mit der Betreiberfirma geschlossen, die noch bis 2025 laufen.
  • Nun übt auch das Landesamt für Denkmalschutz Kritik.

Von Andreas Glas, Flossenbürg

Viele halten ihn für einen Querulanten, einen Streithansel, sie rollen die Augen über ihn. Seit Jahren kämpft Stefan Krapf dafür, dass die Bagger aus dem Steinbruch des früheren Konzentrationslagers in Flossenbürg in der Oberpfalz verschwinden. Wo die KZ-Häftlinge sich zu Tode schufteten, wird immer noch Granit abgebaut, "wird die Erinnerung verschüttet", sagt Krapf. Er will, dass das aufhört. Dass der Steinbruch zur Gedenkstätte wird. Er fordert das seit Jahren in Briefen und in E-Mails an Politiker und Behörden. Doch die Bagger rollen weiter.

Sie werden auch weiterrollen, wenn sich der Wissenschaftsausschuss des Landtags an diesem Mittwoch mit Krapfs Petition befasst hat. Darin fordert dieser, den früheren KZ-Steinbruch endlich stillzulegen. Dass der Ausschuss dem zustimmt, ist nahezu ausgeschlossen. Künftig aber dürfte es Krapfs Kritikern schwerer fallen, ihn als Querulanten abzutun. Denn in einer Stellungnahme bestätigt das Landesamt für Denkmalschutz (BLfD), dass der Betreiber des Steinbruchs offenbar nicht immer rücksichtsvoll mit dem historischen Gelände umgeht. Laut dem Dokument, das der Süddeutschen Zeitung vorliegt, prüft die Behörde, ob beim Denkmalschutz des Steinbruchs nachgebessert werden muss.

Die Flossenbürger Steinbrüche waren der Grund, weshalb das Konzentrationslager dort im Jahr 1938 angesiedelt wurde. Durch gezielte Tötung und wegen der katastrophalen Bedingungen kamen mindestens 30 000 Menschen in Flossenbürg um. Nach der Befreiung durch die Amerikaner wurde der Steinbruch weiter betrieben. Erst in den Neunzigerjahren kam die Erinnerungsarbeit in Bewegung, inzwischen ist eine beeindruckende KZ-Gedenkstätte entstanden. Den Steinbruch aber hat der Freistaat nach dem Krieg immer wieder verpachtet, zuletzt 2004 an die Granitwerke Baumann.

In seiner Petition beschwert sich Krapf unter anderem darüber, dass der Pächter des Steinbruchs die sogenannte "Häftlingstreppe" beschädige, weil er dort Schutt ablagere. "Aus denkmalfachlicher Sicht" sei Krapfs Beschwerde "richtig", heißt es nun seitens der Behörde. Die Granitfirma sei angewiesen worden, den "Steinschutt unverzüglich zu entfernen" und künftig "beim Ablagern von Schutt zur Häftlingstreppe einen Mindestabstand von 20 Metern einzuhalten". Die Treppe sei schützenswert, sagt Stefan Krapf. Sie erinnere an das Leid der Gefangenen, die dort hinabsteigen mussten, um die knochenharte Arbeit im Steinbruch zu verrichten.

Weiter fordert Krapf, dass die Behörden unterirdische Höhlengänge unter Denkmalschutz stellen, die er im Steinbruch vermutet. Hierzu teilt das BLfD mit, dass es "keine Anhaltspunkte" gebe, dass die Gänge existieren. Zugleich räumt die Behörde ein, sie könne "nicht ausschließen", dass unter dem Schutt, der durch kommerziellen Betrieb entstanden sei, "denkmalrelevante Zeugnisse der KZ-zeitlichen Nutzung vorhanden sind". Laut BLfD prüft die KZ-Gedenkstätte Flossenbürg nun, ob es dafür Hinweise gibt. Dort, wo Stefan Krapf die Höhlen vermutet, finde unter dem derzeitigen Pächter des Steinbruchs aber "kein Granitabbau statt und für die Zukunft ist auch kein Granitabbau geplant", versichert das BLfD.

Der Pachtvertrag soll nicht verlängert werden

Krapf könnte sich jetzt freuen, dass die Behörden auf seine Petition reagieren. Jahrelang hatte er das Gefühl, dass keiner ihn ernst nimmt. Doch freuen, sagt Krapf, könne er sich erst, wenn der Freistaat aufhöre, den Steinbruch zu verpachten, bevor die Erinnerung noch weiter verschüttet werde. Dass die Bagger aufhören und der Steinbruch ein stiller Erinnerungsort wird, wünschen sich auch die Überlebenden, die es noch gibt. Vor ein paar Tagen haben KZ-Überlebende aus Frankreich einen Brief an Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) geschrieben und beklagt, dass der Freistaat den Steinbruch als Erinnerungsort nicht genug wertschätze.

"Leider können wir uns nicht über die komplexen Eigentums- und Pachtverhältnisse (...) hinwegsetzen", schrieb Karl Freller, Direktor der Stiftung Bayerische Gedenkstätten vor einem Jahr an Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde. Mit anderen Worten: Der Freistaat kann sich nicht gegen die Vereinbarungen wehren, die er selbst mit der Betreiberfirma des Steinbruchs getroffen hat. Die Landtagsabgeordnete Verena Osgyan (Grüne) kritisiert das: "Es war ein Fehler, den Steinbruch auf so lange Zeit zu verpachten." Nun aber sei es wohl zu spät, "ich sehe keine Möglichkeit, das zu stoppen", sagt Osgyan.

Immerhin: Der für Bayerns Gedenkstätten zuständige Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) hat inzwischen versprochen, den Pachtvertrag, der 2025 ausläuft, nicht mehr zu verlängern - und den Steinbruch danach in die KZ-Gedenkstätte Flossenbürg zu integrieren. Ein erstes Konzept, heißt es aus Spaenles Ministerium, werde derzeit entwickelt.

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