Oberfranken:Pottenstein würdigt Nazi auf neuer Stele

  • Hans Dippold war Scharführer bei der SA und Pottensteins Bürgermeister während der NS-Zeit.
  • In den 70er Jahren wurde ihm die Ehrenbürgerwürde des Ortes in der Fränkischen Schweiz zuerkannt.
  • Seit Kurzem wird er sogar mit einer Stele geehrt.

Von Olaf Przybilla, Pottenstein

Peter Engelbrecht hat die neue Stele auf dem Friedhof von Pottenstein durch einen Zufall entdeckt. Er hat vor etlichen Jahren ein Buch geschrieben über den Fremdenverkehrsort in der Fränkischen Schweiz, es heißt "Touristenidylle und KZ-Grauen. Vergangenheitsbewältigung in Pottenstein".

Und weil sich kürzlich ein niederländischer Journalist für die Geschichte der fränkischen Kleinstadt interessierte, die bis April 1945 Sitz eines KZ-Außenlagers war, ging Engelbrecht mit dem Reporter über den Friedhof. Und sah dort eine neue Stele, mit der Ehrenbürger der Stadt geehrt werden. Seit November steht diese Stele mit den drei Tafeln dort. Einer von jenen, denen dort neuerdings Ehre zuteil wird, ist der ehemalige NSDAP-Ortsgruppenleiter und Nazi-Bürgermeister von Pottenstein, Hans Dippold.

Engelbrecht kannte dessen Namen aus seinem Buch, dort kommt der ehemalige NSDAP-Mann mehrmals vor. "Ich war überrascht", sagt er. Schließlich habe er bis dahin gar nicht gewusst, dass Dippold Ehrenbürger von Pottenstein ist. So ist es aber: Dippold war nicht nur während der Nazi-Zeit Bürgermeister, er wurde dies nach einer kürzeren Schamfrist noch einmal, von 1953 bis 1972. Und bekam dafür 1972 vom Stadtrat die Ehrenbürgerwürde zuerkannt, der Beschluss war einstimmig.

Ein "hochanständiger Nationalsozialist"

Nun gibt es in vielen Kommunen Ehrenbürger mit einschlägiger NS-Vergangenheit. Dass diese aber mit neuen Denkmälern gewürdigt werden, ist doch ungewöhnlich. "Das hat mich nun schon interessiert", sagt Engelbrecht. Er machte sich auf den Weg ins Coburger Staatsarchiv und fand eine 71 Seiten umfassende Spruchkammerakte.

Engelbrecht zufolge trat Dippold 1931 in die NSDAP ein, er war 1934 Scharführer bei der SA, ein Jahr später Ortsamtsleiter bei der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt. Bürgermeister war er erstmals von 1936 bis Kriegsende, Nazi-Ortsgruppenleiter seit 1939. 1945 war Dippold in einem Nazi-Internierungslager inhaftiert, fand Engelbrecht heraus. 1947 wurde er in einem Spruchkammerverfahren zunächst als Aktivist eingestuft, später nur noch als Mitläufer. Zeugen aus der Region hatten ihm attestiert, ein "hochanständiger Nationalsozialist" gewesen zu sein.

Bürgermeister Stefan Frühbeißer sieht keinen Anlass zur Aufregung. "Wir wissen, dass Dippold zu der Zeit Bürgermeister war, und wir wissen, dass er keinem etwas zuleide getan hat", sagt er. Dippold sei Ehrenbürger, es gebe "keinen Anlass, ihm diese Ehrenbürgerwürde abzuerkennen". So sei es auch folgerichtig, ihn mit den beiden anderen Ehrenbürgern auf der neuen Stele zu würdigen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: