Oberbayern:Mängel in jedem zweiten Lebensmittelbetrieb entdeckt

  • Vor dem G-7-Gipfel in Elmau hat das Amt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit Hotels und Wirtschaften überprüft und Ernüchterndes entdeckt.
  • Bei 23 Prozent wurden "gravierende Mängel" festgestellt, bei 27 Prozent waren es "mittelgradige".
  • Die Lebensmittelüberwachung durch die Landkreise erscheint nun in einem schlechten Licht.

Von Christian Sebald

Verschmutzte Zapfanlagen, unhygienische Eiswürfelmaschinen, verdorbene Lebensmittel, klebrige und schmierige Spülen oder Küchen: Was die Kontrolleure des Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) im Landkreis Garmisch-Partenkirchen fanden, das lässt erschaudern.

Vor dem G-7-Gipfel 2015 überprüfte die Behörde 125 Hotels, Restaurants, Gaststätten, Jugendherbergen und andere Lebensmittelbetriebe. Das Ergebnis spricht nicht gerade für bayerische Gastlichkeit: Bei 23 Prozent wurden "gravierende Mängel" festgestellt, bei 27 Prozent waren es "mittelgradige". In 74 Betrieben verdonnerten die LGL-Kontrolleure die Inhaber und Angestellten, die Mängel sofort abzustellen.

Damit nicht genug. Die LGL-Leute nahmen alle möglichen Proben von Speisen. Von Räucherlachs, Wurst und Obst auf den Frühstücksbuffets zum Beispiel. Aber auch von Beilagen wie Spätzle, Kartoffeln, Reis. Und natürlich von Torten und Speiseeis. Alles in allem 608 Lebensmittel- und 55 Tupferproben. Auch hier ist die Bilanz ernüchternd: "59 Proben oder 9,7 Prozent erwiesen sich als verdorben", heißt es im aktuellen Jahresbericht des LGL. Das einzig Gute daran: Keine der Proben war gesundheitsschädlich.

"Damit hätten wir nie gerechnet"

Doch sogar die Experten waren von den schlechten Ergebnissen überrascht. "Damit hätten wir nie gerechnet, dass es in der Hälfte der kontrollierten Betriebe mittlere und gravierende Mängel gibt", heißt es aus dem LGL. Die Aussagen im Jahresbericht sind aber auch deshalb so bemerkenswert, weil die Behörde für gewöhnlich keinerlei Einblicke in die Zustände in Hotels, Restaurants, Gaststätten und ähnlichen Betrieben hat. Denn für deren Kontrolle sind seit jeher die Landratsämter zuständig. Und nach Wunsch von Christian Bernreiter (CSU), dem Landrat von Deggendorf und Chef des Landkreistages, soll das auch in Zukunft unbedingt so bleiben.

Die Überprüfung durch das LGL vor dem politischen Gipfeltreffen war eine Ausnahme. Der Freistaat hatte seine Zentralbehörde nur deshalb dafür abgestellt, weil das politische Großereignis im Juni 2015 nicht nur für Polizei, Feuerwehren, Rettungsdienste und andere Organisationen eine gigantische Herausforderung war. Sondern auch für die Lebensmittelkontrolleure.

Denn es war ja nicht damit getan, dass den Spitzenpolitikern aus aller Welt und ihren Delegationen einwandfreie Speisen und Getränke serviert wurden. Auch die vielen Tausend Polizisten und anderen Einsatzkräfte, die Journalisten, die Demonstranten und die anderen Gäste in der Region hatten einen Anspruch auf tadellose Versorgung. Das LGL kam ins Spiel, weil das Garmischer Landratsamt alleine mit den Kontrollen überfordert gewesen wäre.

Landkreise wehren sich gegen eine Reform der Kontrollen

Wer jetzt einwendet, die Ergebnisse im Werdenfelser Land seien womöglich ein Ausreißer, der dürfte sich täuschen. Sie sind zwar nicht eins zu eins auf alle Regionen in Bayern übertragbar. Aber aus dem LGL heißt es, dass die Kontrollen anderswo ähnlich wie in Garmisch-Partenkirchen ausfallen würden. Zumindest habe man keinen Anhaltspunkt, dass die Befunde dort außergewöhnlich gewesen seien. Das wiederum lässt sich Lebensmittelüberwachung durch die Landkreise in einem ziemlich schlechten Licht erscheinen. Diese wehren sich gegen eine Reform der Kontrollen.

Bernreiter hat eine klare Vorstellung. "Groß- und Risikobetriebe sollen künftig von den Bezirksregierungen überwacht werden", sagt er, "für alle anderen - von Bauernhöfen über Metzgereien, Bäckereien und Gasthöfen bis hin zu Tierpensionen - sollen die Landratsämter zuständig bleiben." Bernreiter zufolge sind es nur die Kreisbehörden, die den "Spagat zwischen staatlicher Kontrolldichte, Verbraucherinteressen sowie fachkundiger Beratung und Überwachung der Kleinbetriebe" meistern können. Als Gründe nennt er die "Ortsnähe" der Landratsämter und "Detailkenntnisse". Daher sei die Aufteilung der Lebensmittelüberwachung zwischen Landratsämtern und Bezirksregierungen "sinnvoll, effizient und bürgernah und dient auch dem Verbraucherschutz".

Viele Fachleute halten wenig von Bernreiters Vorschlag. Sie fordern seit Langem die Zentralisierung der Lebensmittelkontrollen. Sie versprechen sich davon nicht nur sehr viel mehr Effizienz. Sondern auch sehr viel mehr Distanz der Kontrolleure zu den überwachten Unternehmen. Die Experten können sich dabei auf ein Gutachten des Oberste Rechnungshofes stützen. Er fordert ebenfalls die Zentralisierung der Lebensmittelüberwachung - aus eben diesen Gründen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: