Oberbayern:Disziplinarstrafe: Oberbürgermeister von Bad Reichenhall bekommt weniger Geld

Oberbayern: Herbert Lackner ist seit Mai 2006 Oberbürgermeister von Bad Reichenhall.

Herbert Lackner ist seit Mai 2006 Oberbürgermeister von Bad Reichenhall.

(Foto: oh)
  • Der Oberbürgermeister von Bad Reichenhall hat Aufträge für Bauprojekte ohne die Zustimmung des Stadtrats vergeben.
  • Nun bekommt er eine ungewöhnliche Disziplinarstrafe: Herbert Lackner muss eineinhalb Jahre lang auf zehn Prozent seiner Bezüge verzichten.

Von Matthias Köpf, Bad Reichenhall

Der Reichenhaller Oberbürgermeister Herbert Lackner (CSU) muss eineinhalb Jahre lang auf zehn Prozent seiner Bezüge verzichten. Grund sind Kompetenzüberschreitungen bei zwei Bauprojekten aus dem Jahr 2011. Damals hatte Lackner zwei hoch dotierte Aufträge ohne den nötigen Stadtratsbeschluss freihändig an ein Ingenieurbüro vergeben.

Eine Strafanzeige des damaligen Zweiten Bürgermeisters war ohne Konsequenzen geblieben. Die nun vom Verwaltungsgericht München verhängte Kürzung von Lackners Bezügen ist das Ergebnis eines Disziplinarverfahrens bei der Landesanwaltschaft. Erste Stadträte fordern nun Lackners Rücktritt.

Der Spruch des Verwaltungsgerichts ist seit Mitte September rechtskräftig, wie die Landesanwaltschaft bestätigt. Auf der Skala möglicher Disziplinarstrafen gegen einen gewählten Bürgermeister ist eine Kürzung der Bezüge die schärfste Sanktion nach der Amtsenthebung. Geringere Vergehen können mit Verwarnungen oder einmaligen Geldbußen geahndet werden.

Eine Kürzung um zehn Prozent ist Standard, die maximale Dauer liegt bei drei Jahren. Eine Statistik über die Häufigkeit von Disziplinarstrafen führt weder die Landesanwaltschaft noch der Bayerische Gemeindetag. Nach dessen Angaben kommt es zu so scharfen Sanktionen aber äußert selten.

Lackner selbst bestätigt die Strafe ebenfalls. Er habe sie akzeptiert und sich nicht dagegen gewehrt, sagt der Oberbürgermeister, der die Höhe seiner monatlichen Einbußen mit 469 Euro netto beziffert. Unabhängig davon sei er nach wie vor überzeugt, in der damaligen Situation richtig gehandelt zu haben. Nach dem Einsturz der Reichenhaller Eishalle mit 15 Toten im Jahr 2006 habe es in der Stadt einen "riesigen Investitionsstau" gegeben, sagt Lackner.

Er habe mehrere Großbaustellen unter Zeitdruck abwickeln müssen und 2011 "im Sinne des Baufortschritts" für das Stadtmuseum und eine Turnhalle nachträglich Aufträge bestätigt, die zu dem Zeitpunkt bereits ausgeführt gewesen seien. "Wenn das jetzt fünf Jahre später jemand anders bewertet, dann ist das halt so."

Aufs Tapet kamen die Vorwürfe nach Lackners Wiederwahl 2012. Nachdem er die Stichwahl gegen seinen grünen Gegenkandidaten knapp gewonnen hatte, trat Lackner seinen Dienst im Rathaus zunächst nicht wieder an und war für viereinhalb Monate wegen eines Burn-outs krankgeschrieben. In der Zeit führte sein damaliger Stellvertreter Manfred Adldinger (SPD) die Amtsgeschäfte.

Ein Amtsarzt sollte Lackners Dienstfähigkeit untersuchen

Er zeigte Lackner danach wegen Untreue an, ohne dass die Staatsanwaltschaft die Vorwürfe erhärtet hätte. 21 von 24 Stadträten beschlossen, Lackner vom Amtsarzt auf seine Dienstfähigkeit untersuchen zu lassen, ebenfalls mit positivem Ergebnis für den OB. Die Räte hatten jedoch auch die Rechtsaufsicht im Landratsamt und diese dann die Landesanwaltschaft eingeschaltet.

Durch das Ergebnis dieses Verfahrens sehen sich Lackners Kritiker bestätigt. "Ein so schweres Dienstvergehen kann man endgültig nicht mehr gesundreden und zur Tagesordnung übergehen", sagt Grünen-Fraktionssprecher Michael Nürbauer. Lackner müsse nun selbst die Konsequenzen ziehen und zurücktreten, anderenfalls müsse sich die Bad Reichenhaller CSU überlegen, ob Lackner für sie als OB noch haltbar sei.

Nach Nürbauers Ansicht ist Lackner "der schlechteste Oberbürgermeister, den Reichenhall je gehabt hat". Er sei mit seinem Amt vollkommen überfordert, im Rathaus bliebe vieles einfach liegen oder geschehe erst auf den allerletzten Drücker, weil Lackner die Verwaltung nicht führe und auch nicht führen wolle.

Die Freien Wähler fordern Konsequenzen

All das sieht Gerhard Fuchs als Sprecher der Freien-Wähler-Fraktion ähnlich. Die Unregelmäßigkeiten hätten "ein Gewicht, dass man nicht einfach sagen kann: Schwamm drüber". Auch Fuchs fordert daher "Konsequenzen", wenn auch nicht unbedingt gleich einen Rücktritt. Dass Lackner in Zukunft anders agieren müsse, sei aber "das Allermindeste". SPD-Fraktionssprecher Wolf Guglhör hält die disziplinarrechtliche Angelegenheit mit der Kürzung von Lackners Bezügen für erledigt. Ein Rücktritt sei aus seiner Sicht "nicht zwingend geboten" und eine Forderung danach auch "politisch unklug", sagt Guglhör.

Denn auch wenn der leutselige Händeschüttler Lackner im Rathaus nicht allzu präsent sein mag, so fehlt er bei wenigen Vereinsveranstaltungen in der Stadt und ist bei vielen Reichenhallern recht beliebt. Entsprechend steht für den jungen CSU-Ortsvorsitzenden Christoph Lung ein Rücktritt seines Parteifreunds Lackner "momentan überhaupt nicht zur Debatte".

Die dienstrechtlichen Vorwürfe seien nun "ordentlich geklärt worden", und alle politischen Fragen würden die Wähler 2020 beantworten. Spätestens dann endet Lackners aktuelle und ausnahmsweise auf acht Jahre angelegte Amtszeit. Die Wahlperiode für den OB soll dann wieder der für den Stadtrat angepasst werden.

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