OB-Wahl in Bad Reichenhall:Ein grüner Oberst macht mobil

Ein Bundeswehr-Offizier, der in Paris als Oberst dient, tritt in seiner oberbayerischen Heimat als Oberbürgermeister-Kandidat für die Grünen an - und schafft es prompt in die Stichwahl. In einer konservativen Kurstadt wie Bad Reichenhall sprechen nun viele von einer Überraschung. Nur einer nicht: Manfred Hofmeister selbst.

Heiner Effern

Ein Bundeswehr-Offizier, der in Paris als Oberst dient und in seiner oberbayerischen Heimat als Oberbürgermeister-Kandidat für die Grünen antritt - diese Konstellation alleine ist keine alltägliche. Wenn dieser Kandidat in einer konservativen Kurstadt wie Bad Reichenhall auch noch drei Mitbewerber schlägt und nun den amtierenden CSU-Oberbürgermeister in der Stichwahl angreift, mögen viele von einer Überraschung sprechen. Nur einer nicht: Manfred Hofmeister selbst.

OB-Wahl in Bad Reichenhall: 18,2 Prozent der Stimmen bei der OB-Wahl in Bad Reichenhall reichten Manfred Hofmeister - der Kandidat der Grünen hat sich für die Stichwahl qualifiziert.

18,2 Prozent der Stimmen bei der OB-Wahl in Bad Reichenhall reichten Manfred Hofmeister - der Kandidat der Grünen hat sich für die Stichwahl qualifiziert.

(Foto: MAX KOESTLER)

Die 18,2 Prozent der Stimmen im ersten Wahlgang am Sonntag seien "zufriedenstellend", sagt er nüchtern. "Ein erster positiver Schritt", mehr nicht. "Wir werden uns jetzt nicht zurücklehnen, sondern alle Kräfte mobilisieren."

Vom Mobilisieren sollte er etwas verstehen. Seinen Berufsalltag verbringt Hofmeister, 56, im Pariser Verteidigungsministerium, dort koordiniert er die deutsch-französische Zusammenarbeit in Militärfragen. Das wird nicht immer leicht sein, doch im Grunde stehen sich die Nationen fast näher als die Grünen und die Bundeswehr. Doch Hofmeister kennt zumindest auf lokaler Ebene auch hier keine Berührungsängste. "Unsere Schnittmenge bei den Themen ist sehr groß", sagt er, auch wenn er als Parteiloser für die Grünen antritt.

Zusammengebracht hat Kandidat und Partei indirekt der Gegner, Oberbürgermeister Herbert Lackner (CSU). Denn er selbst und die Mehrheit des Stadtrats genehmigten einem Müllentsorgungsbetrieb den Umzug nach Marzoll, den Stadtteil Bad Reichenhalls, in dem Hofmeister lebt. Die Erlaubnis beinhaltete eine massive Expansion, Hofmeister organisierte den Widerstand. Und die Grünen unterstützen ihn als einzig nennenswerte politische Kraft in Bad Reichenhall.

Zum Nutzen beider, findet der Oberst. "Die Grünen sind begeistert. Das sind die in Bad Reichenhall nicht gewohnt, dass sie in solche Sphären gelangen." Doch für 20 Prozent hat Hofmeisterden Wahlkampf zwischen Paris und Bad Reichenhall nicht auf sich genommen. "Wir versuchen ein Bündnis zu schmieden für den Wechsel", sagt er. Verhandlungen mit den anderen Parteien laufen. Denn eine Frage, die Hofmeister beschäftigt, lässt sie alle nicht ruhen. "Wie kann einer, der so wenig macht, 48 Prozent bekommen?"

Der, der in den Augen der Opposition viel zu wenig macht, ist OB Lackner von der CSU. Obwohl er sich nicht gleich im ersten Wahlgang durchsetzen konnte, ist er mit 48,2 Prozent der deutliche Sieger vom Sonntag. "Bei fünf Kandidaten kann man mit solch einem Ergebnis sehr zufrieden sein", sagt er. Dass er nun gegen einen Gegner von den Grünen antreten muss, will er erstmal gar nicht kommentieren. "Wer in der Stichwahl ist, das ist für uns nicht so wichtig. Wir konzentrieren uns ganz auf unseren Endspurt." Erst auf Nachfrage sagt Lackner, dass es "erwartbar" gewesen sei, dass Hofmeister sein Gegner werden könnte.

Ein Grüner als erwartbarer Herausforderer für einen CSU-OB, das galt in Bad Reichenhall lange Zeit als so wahrscheinlich wie ein Erwachen Kaiser Barbarossas, der seit Jahrhunderten in einer Höhle im Untersberg schlafen soll. Hofreiters Teilerfolg könnte zwei Ursachen haben: Das Eishallenunglück am 2. Januar 2006 mit 15 Toten erschütterte das Selbstverständnis vieler Bad Reichenhaller.

Und für die OB-Wahl fand sich außer Hofmeister kein einziger einheimischer Herausforderer. Die Freien Wähler warben per Anzeige einen Radiomann aus Bielefeld an, die SPD schickte die Landtagsabgeordnete Adelheid Rupp aus München ins Rennen und die Piraten ebenfalls einen Import aus der Landeshauptstadt. Auch sie dürften über den Erfolg des grünen Oberst gestaunt haben.

Lesen Sie hier mehr zum Erfolg der Grünen bei den Bürgermeisterwahlen in Bayern und hier mehr zu weiteren Ergebnissen.

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