Sanierung:Neue Hoffnung für das Nürnberger Volksbad

Volksbad Nuernberg

Andere Städte wie München oder Budapest nutzen ihre Jugendstil-Schwimmhallen als Touristenattraktion. Das Nürnberger Bad bekommt niemand zu sehen.

(Foto: Peter Roggenthin)
  • Das Nürnberger Volksbad ist seit 25 Jahren geschlossen - die Stadt konnte und wollte sich die hohen Kosten nicht mehr leisten.
  • Das Gebäude am Plärrer gilt als Perle des Jugendstils.
  • Die Stadt will das Bad nun doch sanieren und wiedereröffnen - und hat darum bei Bayerns Innenminister Joachim Herrmann um Zuschüsse geworben.

Von Claudia Henzler, Nürnberg

Alle Proteste und Unterschriftenaktionen hatten nichts genutzt, im Oktober 1992 war endgültig Schluss. Damals beschloss der Stadtrat, auch noch aus dem letzten der drei Schwimmbecken das Wasser abzulassen. Das krisengeschüttelte Nürnberg konnte und wollte sich die hohen Kosten für sein historisches Volksbad einfach nicht mehr leisten. Heute wird der denkmalgeschützte Bau am Plärrer nur noch aufgesperrt, wenn die Hallen als Kulisse für Hochzeitsbilder, Fotoworkshops oder Filmaufnahmen dienen.

Doch selbst 25 Jahre nach der Schließung ist der Protest nicht verstummt. Die Nürnberger wollen ihr Bad zurück, was repräsentative Umfragen immer wieder bestätigen, zuletzt im Sommer 2016. Und auch im Wahlkampf wurde das Bad mit schöner Regelmäßigkeit zum Thema. Oberbürgermeister Ulrich Maly (SPD) hat das Projekt ebenfalls zu einem Herzensanliegen erklärt.

Volksbad

Das städtische Volksbad Nürnberg am Plärrer wurde 1914 zum Zweck der Hygieneverbesserung der Bevölkerung eröffnet. Mit seinen drei Schwimmhallen - das 13 Jahre ältere Müllersche Volksbad in München hat nur zwei - und vielen weiteren Einrichtungen zählte es einst zu den schönsten und modernsten Jugendstilbädern Deutschlands. Im Zweiten Weltkrieg wurden einige Gebäudeteile zerstört und vereinfacht wieder aufgebaut - so fehlt in einer der Schwimmhallen beispielsweise die Kuppeldecke. Der Gebäudekomplex, geplant von Friedrich Küfner und Carl Weber, ist in seiner Gesamtheit ein Baudenkmal. Denkmalschützer nennen Sandsteinstraßenfassaden, Walmdach und Mansardwalmdach, Säulenportikus und Turm als charakteristische Merkmale. henz

Bisher sind alle Wiederbelebungsversuche gescheitert. Die Sanierungskosten waren nicht nur der Stadt zu hoch, es fand sich auch niemand, der das Gebäude kaufen wollte. Nun aber hat Nürnbergs Bäderbeauftragter und zweiter Bürgermeister Christian Vogel (SPD) die Hoffnung, dass es vielleicht doch noch klappen könnte. Vor einigen Tagen hat er gemeinsam mit Maly bei Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) um Zuschüsse geworben.

Es sei ein "sehr gutes Gespräch" gewesen, sagt Vogel. Der Innenminister habe versprochen, nach Möglichkeiten zu suchen, wie der Freistaat, aber auch der Bund und möglicherweise die EU, das Projekt finanziell unterstützen könnten. Eine Sprecherin des Innenministerium bestätigt: "Derzeit werden bis zum Sommer mit allen Beteiligten die Fördermöglichkeiten geprüft."

Viel mehr als nur ein Schwimmbad

Die Stadt will mit der Sanierung mehrere Probleme auf einmal lösen - und erhofft sich deshalb Geld aus mehreren Fördertöpfen. Erstens werde das Bad für den Schulunterricht gebraucht. Zweitens fehlten im Westen der Stadt Schwimmangebote. Drittens könne das Bad den Stadtteil Gostenhof, in dem die Politik sozialen Entwicklungsbedarf sieht, aufwerten. Viertens geht es natürlich darum, ein architektonisches Juwel zu erhalten. Infrage kommen beispielsweise Zuschussprogramme für Schulschwimmbäder, für den Denkmalschutz und für die Stadtentwicklung.

Um all diesen Ansprüchen gerecht zu werden, sind im Nutzungskonzept neben Sport- und Lehrschwimmbecken auch eine Sauna- und Wellnessoase sowie Gastronomie und Läden vorgesehen.

Grundlage für den neuen Anlauf ist eine Machbarkeitsstudie aus dem vergangenen Jahr. Sie kam zu dem Ergebnis: Die Substanz des mehr als 100 Jahre alten Bauwerks ist noch so gut, dass es als Schwimmbad instand gesetzt werden könnte. Die Tragstruktur sei nachhaltig und trotz Kriegsschäden und baulicher Eingriffe überwiegend gut erhalten, stellten die Gutachter fest.

Rund 50 Millionen Euro müssen investiert werden

Trotzdem ist der Sanierungsbedarf enorm. Nicht nur Badetechnik, Sanitäranlagen, Heizung und Lüftung müssten komplett erneuert werden. Auch bei vielen Betonteilen, an Dächern und Fassaden besteht Handlungsbedarf. Auf etwa 50 Millionen Euro werden die notwendigen Investitionen geschätzt.

Nun ist ein neues Hallenbad, wenn man es als Zweckbau plant, für zwischen acht und 20 Millionen Euro zu haben - je nachdem, wie viele Becken der Zweckbau haben soll und ob auch noch eine Sauna gewünscht wird. Nach oben gibt es dabei nicht wirklich eine Grenze: In Nürnbergs Nachbarstadt Fürth kostete der Umbau eines Hallen- und Freibads zur Spaß- und Wellnessoase "Fürthermare" vor zehn Jahren beispielsweise 33 Millionen Euro.

Die wurden allerdings komplett von einem privaten Investor übernommen. 50 Millionen Euro sind für eine Stadt aber auch keine unvorstellbare Investition. Es gibt Kommunen, die ähnliche Summen für die Sanierung ihrer alten Schulen hinlegen müssen.

Dennoch sind 50 Millionen Euro deutlich mehr, als Nürnberg für das Volksbad ausgeben will. Zweiter Bürgermeister Vogel hofft, dass mindestens die Hälfte von Bund und Land kommt.

Der Förderverein ist startbereit

Blieben noch bis zu 25 Millionen Euro für die Stadt. Das wären knapp 18 Prozent des Geldes, das Nürnberg im Jahr aus eigener Kasse für große Projekte und Baumaßnahmen bezahlt. Vogel hält die finanziellen Voraussetzungen für günstig. Die Zinsen für Kredite sind niedrig und Nürnberg kann sich seit Jahren über steigende Steuereinnahmen freuen. Als wohlhabend darf die mit 1,4 Milliarden Euro verschuldete Stadt allerdings noch lange nicht gelten.

Deshalb soll der städtische Teil nicht ausschließlich aus dem Haushalt kommen Hier gelte es, "kreative Möglichkeiten" zu finden, sagt Vogel. Er hofft, dass sich Bürger und Geschäftsleute mit Spenden beteiligen. Schließlich erzähle ihm gefühlt jeder in Nürnberg, dass er einst im Volksbad das Schwimmen gelernt habe. Der kleine, aber sehr rührige Förderverein Volksbad e.V. steht jedenfalls schon in den Startlöchern.

Aber man werde den zweiten Schritt nicht vor dem ersten machen, mahnt Vogel: "Erst mal muss die Förderung stehen." Heißt also abwarten bis zum Sommer. Dann wird sich zeigen, ob das Volksbad eine Zukunft hat.

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