Nürnberg:Zurück in der Herde

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Namenswechsel: Das Lamm heißt Rosi, im Bordell wurde es Birke genannt und im Tierheim Hurz. (Foto: Tierheim München)

Lamm Rosi, das im Bordell gefunden wurde, ist wieder im Zoo.

Von Martin Bernstein, Nürnberg

Erst einen Monat alt, und schon drei Namenswechsel und einen Ausflug ins Rotlichtmilieu hinter sich: Das Rotkopfschäfchen "Rosi" aus dem Nürnberger Tiergarten hat in seinem noch jungen Leben schon ziemlich viel erlebt. Bei ihrer Geburt am 26. April wurde Rosi von ihrer Mutter verstoßen und musste mit der Flasche aufgezogen werden, was sich später noch als segensreich erweisen sollte. Denn am Mittag des 11. Mai war Rosi weg, einfach verschwunden. Die übrigen Rotkopfschafe, eine seltene Pyrenäenrasse, um deren Erhalt und Zucht sich der Tierpark Nürnberg seit mehr als 30 Jahren kümmert, grasten brav hinterm Zaun auf ihrer 2000 Quadratmeter großen Obstbaumwiese, nur Rosi fehlte. "Wir konnten uns keinen Reim drauf machen", sagt Helmut Mägdefrau, der stellvertretende Zoodirektor. Dass Rosi ausgerissen und in einem Weiher ertrunken war, erschien den Zooleuten ebenso unwahrscheinlich wie ein Diebstahl durch Fuchs oder gar Mensch.

War es dann aber doch. Offenbar war im Zoo an jenem Tag auch ein gebürtiger Coesfelder, der inzwischen als Frau unter dem Künstlernamen Nora einer neuen Profession als Prostituierte nachging. Nora packte Rosi kurzerhand ein. Wie das gelang, hofft man in Nürnberg demnächst von der Münchner Polizei oder Staatsanwaltschaft zu erfahren. Denn eine Woche nach seinem Verschwinden tauchte das Schaf wieder auf: in einem Bordell in München-Pasing. Nora, die mittlerweile dort praktizierte, hatte das Tier in ihrem Zimmer untergebracht. Das Schaf durfte mit im Bett schlafen - nur wenn Herrenbesuch kam, wurde es ins Nebenzimmer ausquartiert. Da Nora aus dem früheren Leben Erfahrungen in der Schafzucht mitbrachte und Rosi an Menschen gewöhnt war, ging es dem Lämmchen recht gut. Es war halt nur einsam - und musste erdulden, dass es von Nora "Birke" gerufen wurde.

Dann kam die Razzia der Polizei. Rosi/Birke kam erst zur Kripo und dann in Obhut des Tierschutzvereins. Die Menschen dort nannten das Tier "Hurz". Sogar das Radio berichtete über das Lamm aus dem Puff. Das wiederum hörte eine Nürnberger Tierparkmitarbeiterin beim Friseur. Ein Blick ins Internet brachte Gewissheit: "Das ist unsere Rosi." Und so hat das Schäfchen jetzt seinen alten Namen zurück und seine Nürnberger Herde.

© SZ vom 28.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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