Nürnberg:Polizei informiert Prostituierte

Polizei setzt nach Prostituiertenmorden auf Info-Kampagne

In diesem Haus in Nürnberg starb im Mai eine junge Rumänin, vom Täter fehlt noch jede Spur.

(Foto: Nicolas Armer/dpa)

Nach gewaltsamem Tod von zwei Frauen verteilen Beamte Flyer

Von Claudia Henzler, Nürnberg

Man findet sie auf "privatladies-nürnberg", "frankenladies" und überregionalen Portalen wie "lust-ladys" oder "kaufmich.com": Junge Frauen, die sich Ramona, Mia oder Alice nennen und in sogenannten Modellwohnungen als Prostituierte arbeiten. Im Netz erfährt der potenzielle Kunde die Arbeitszeiten und die wichtigsten Körper-Daten der Frauen. Oft wird er ergänzend darauf aufmerksam gemacht, ob die Prostituierte neu in der Stadt ist oder "nur noch bis Samstag da". Die Fluktuation im Gewerbe ist hoch, Ramona & Co. wechseln in der Regel nach einigen Wochen in eine andere Stadt.

Von den etwa 240 bordellartigen Einrichtungen in Nürnberg handelt es sich laut Polizei bei der Mehrzahl um "Modellwohnungen": 180 sind den Behörden bekannt. Die Wohnungen und Appartements sind aufs Stadtgebiet verteilt und befinden sich oft in normalen Wohnhäusern. Ein Concierge ist dort so wenig üblich wie Notfallknöpfe, wie es sie oft in den Zimmern von Bordellen gibt. Auf den Klingeln an der Haustür stehen zwischen Namen wie Müller oder Schmidt Wörter wie Mond, Stern, Royal oder Paradies. "Himmel" hieß das Appartement, in dem am 24. Mai eine junge Rumänin getötet wurde. So wurde deshalb auch die Sonderkommission der Kriminalpolizei benannt, die sich um die Aufklärung dieses und eines zweiten Falls aus dem Rotlicht-Milieu bemüht. Den Mord an einer 44-jährigen Chinesin, die am Pfingstmontag vermutlich durch die Hand desselben Täters starb. Noch hat die Polizei von ihm keine Spur.

Die Adressen der Wohnungen kann man im Internet nachlesen. Am Donnerstag und Freitag waren es Polizisten, die dort unangemeldet vor der Tür standen. Das ist an sich nicht ungewöhnlich, Polizeibeamte suchen regelmäßig Bordelle, Clubs und Wohnungen auf, um sich die Ausweise der Frauen zeigen zu lassen. "Die Frauen sind polizeiliche Aktionen an ihrem Arbeitsplatz gewohnt", sagt Polizeisprecher Michael Petzold. Dass 60 Polizisten gleichzeitig im Einsatz sind, um in zwei Tagen alle Etablissements in Nürnberg, Erlangen und Fürth abzuklappern, ist dagegen eher unüblich. Ihr Auftrag war es, die Prostituierten möglichst persönlich zu informieren - sofern es die Sprachkenntnisse der Frauen zuließen. Die meisten Prostituierten, die in Nürnberg Station machen, kommen aus Osteuropa, viele können nur wenig Deutsch. Deshalb hatten die Beamten DIN-A5-große Flyer dabei, auf denen der Fahndungsaufruf in verschiedene Sprachen übersetzt war, etwa in Rumänisch. Außerdem der Hinweis, unter welcher Nummer sie in Deutschland Hilfe rufen können ("Daca este urgent, sunati la numarul de urgenta al politiei: 110").

Durch die groß angelegte Aktion erhofft sich das Polizeipräsidium Mittelfranken Hinweise auf Tatverdächtige. "Wir haben festgestellt, dass bei der Masse der Frauen die Taten noch gar nicht bekannt sind", fasste Petzold am Freitagmittag die bisherigen Erfahrungen der Aktion zusammen.

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