Mitten in Nürnberg:Ganz große Oper

Die Frage, wohin exakt eine Ausweichspielstätte soll, treibt Nürnbergs Stadtpolitik auseinander. Am Ende könnte sogar das Ende des Rathausbündnisses stehen.

Von Olaf Przybilla, Nürnberg

Als Nürnberg 2020 den ultimativen Schlag in die Magengrube versetzt bekam - die Kulturhauptstadtjury fand eine andere Bewerberin irgendwie verlockender -, da stellten sich viele in der Stadt auf gemächliche Zeiten ein, vor allem kulturpolitisch. Man hat's versucht, ist halt nichts 'worn draus, was soll's, muss man sich schon nicht weiter mit kryptischem Kultursoziologengeschwurbel herumschlagen. Und ruhiger wird's nun auch.

So dachte man. Exakt ein Jahr später bräuchte es ein großes Blatt Papier und die Gabe zur Verdichtung, um einem Nichteingeweihten die Kulturthemen der Stadt aufzumalen. Wenigstens im Ansatz.

Soll man die Oper teuer sanieren? Oder abreißen und neu bauen? Oder nicht abreißen, die Oper aber für immer aufs ehemalige Reichsparteitagsgelände umsiedeln und das Opernhaus anders nutzen? Soll wiederum ein neues Konzerthaus gebaut - und auch auf dem früheren NS-Gelände untergebracht werden? Oder neben der Meistersingerhalle? Kann so ein Konzerthaus vorher als Operninterim genutzt werden? Oder geht das gar nicht? Und ist ein Konzerthaus derzeit überhaupt darstellbar?

Für alle Optionen gibt's Fürsprecher mit Hochschulabschluss. Aber so verschlungen die Themen sind, bisher konnten sich die großen Rathausparteien noch einigermaßen auf eine Linie verständigen. Opernhaussanierung: ja. Umzug aufs ehemalige NS-Areal: wohl schon. Rückkehr ins Zentrum: unbedingt. Konzerthaus: schwierig. Zwitter aus Interim und späterem Konzerthaus: noch schwieriger. Konzerthaus neben Interim auf NS-Gelände? Ganz schwierig.

In einer Frage aber, die nebensächlich wirken mag, droht nun ein Nermbercher culture clash: Sollte ein Operninterim, so es aufs frühere Reichsparteitagsgelände Gelände kommt, in den Innenraum des Kongresshallentorsos? Oder besser davor? Seit die SPD eigens einen Parteiausschuss dazu bemüht hat samt Resolution, erscheint alles möglich - sogar der Bruch des Rathausbündnisses. Die SPD will nicht in den Innenraum (und hat Argumente dafür), die CSU will das unbedingt (und hat ebenfalls Argumente). Mit den Grünen hätte die CSU eine Rathausmehrheit. Aber dann dürfte Nürnbergs Schwarz-Rot nur noch auf dem Papier existieren.

Das Schöne daran: So knisternd wie gerade war's an der Pegnitz seit vielen Jahren nicht. Die Kulturhauptstadtbewerbung? Ein kompletter Langweiler dagegen.

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