Nürnberg:Ein angemessen Schatzkästlein

'Krone-Macht-Geschichte' - Nürnbergs Geschichte auf einen Blick
(Foto: Museen der Stadt Nürnberg)

Die Reichsinsignien werden nun würdig präsentiert. Damit ist die Scham überwunden, dass die Nazis sie zurückholten

Von Olaf Przybilla, Nürnberg

Die Reichskrone in Nürnberg wird künftig an einem würdigen Ort präsentiert, das mag eine Nachricht sein, die im Rest des Landes nicht zu spontaner Verzückung führt. Dürfte es aber, denn dass die Stadt der Städte im mittelalterlichen Reich das Herrschaftszeichen schlechthin immer schon angemessen hergezeigt hat, würden in Nürnberg nicht mal radikale Lokalpatrioten behaupten. Die Kopie der Krone, mit Aufwand hergestellt, stammt aus den Neunzigerjahren. Die Altstadtfreunde wollten sie, die Stadtsparkasse finanzierte sie. Und als sie dann da war, so prächtig wie funkelnd, stellte sie die Stadt so stolz aus wie andere ihren Fußpilz. Nun aber ist alles anders: Der Raum im Stadtmuseum, in dem man künftig sehen kann, in welcher Stadt die Insignien der Macht historisch am längsten aufbewahrt wurden, ist herausragend gelungen.

Und das schon allein deswegen, weil er dem Betrachter eine Idee davon gibt, warum der kopierte Reichsapfel in Nürnberg über Jahre herumgereicht wurde wie eine heiße Kartoffel, Krone und Szepter ohnehin. Wer den Raum betritt, sieht auf der einen Seite ein raumhohes historisches Gemälde, das regelrecht geschichtsbesoffene Nürnberger zeigt: Einmal pro Jahr wurden mitten in der Stadt die Reichskleinodien öffentlich präsentiert - und wer auf diese Szene an der Wand blickt, der ahnt, dass es mit der sprichwörtlichen Zurückhaltung der Franken in Mittelalter und Früher Neuzeit nicht allzu weit her gewesen sein kann. Aber warum hätte man sich auch in Bescheidenheit üben sollen? Kaiser Sigismund hatte Nürnberg schließlich nicht aus Tollerei zur Stadt schlechthin gemacht. Wer das Zeichen der Macht in seinen Mauern wusste, der hatte auch selbst Macht. Zum Herrscher jedenfalls konnte nur der werden, dem die Nürnberger die Insignien auch auslieferten. Wer also im Reich rechtmäßig regieren wollte, der kam an dieser Stadt nicht vorbei.

Auf der anderen Seite des Raumes sieht man das ebenfalls wandhohe Bild der zerstörten Nürnberger Altstadt nach 1945. Daneben ein historisches Bild, wie die Nazis die Reichskleinodien einst zurückholten nach Nürnberg. Und zwar aus Wien, wohin sie 1800 aus Angst vor den Napoleonischen Truppen verbracht worden waren. Hitler aber wollte sie in Nürnberg wissen, in der Stadt seiner Parteitage. Der Aufenthalt war von kurzer Dauer. Die Krone kehrte nach dem Krieg zurück nach Wien.

Im Stadtmuseum, zwischen den beiden Großbildern, sieht man die Geschichte vom Aufstieg und Fall der Stadt Nürnberg nun auf einen Blick. Und man beginnt zu verstehen, warum die Kopien der Kleinodien lange in mobilen Vitrinen wie Schmuddelkram verstaut wurden, und noch vor Kurzem ein Dasein in einer besenkammerartigen Ecke fristeten. Offenbar fürchteten viele einen Beigeschmack, dass die Krone nun wieder zurück in Nürnberg ist, wenn auch nur als Kopie. Künftig soll sie das Zentrum des Stadtmuseums sein, aufbewahrt zwischen Kaiserburg und Rathaus. Zum Aufreger, so weit zu sehen ist, taugt das nicht mehr. "Schon unglaublich, wie rasch sich das in der Stadt verändert hat", sagt Nürnbergs Kulturreferentin Julia Lehner.

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