Nürnberg:CSU und SPD: Polizeieinsatz wie aus dem Lehrbuch

Polizeieinsatz bei Schülerdemo gegen Abschiebung

Unschöne Szenen haben sich im Mai in Nürnberg abgespielt. Polizisten gingen gegen Schüler vor, die gegen Abschiebung protestierten.

(Foto: Michael Matejka/dpa)
  • Die Abschiebung eines jungen Afghanen aus einer Schule hatte am 31. Mai in Nürnberg heftige Proteste ausgelöst.
  • Die Vorkommnisse in Nürnberg beschäftigen am Mittwoch den Landtag.
  • Während CSU und SPD Abschiebungen aus Schulen in Ausnahmefällen billigen, lehnen Grüne und Freie Wähler sie ab.

Von Lisa Schnell

Polizisten, die an Jugendlichen zerren, den Schlagstock in der Hand. Schüler, die sich beklagen, dass Pfefferspray in ihren Augen brennt. Aktivisten, die Flaschen werfen. Und der 20-jährige Afghane Asef N., der trotz des Protests seiner Mitschüler am Ende in einem Polizeiauto sitzt, um abgeschoben zu werden.

Die Bilder vom 31. Mai von einer Berufsschule in Nürnberg haben den Freistaat verstört, am Mittwoch beschäftigten sie den Landtag. Warum wird aus Schulen abgeschoben? Hat die Polizei richtig gehandelt? Von wem ging die Gewalt aus? Und: War die geplante Abschiebung von Asef N. rechtmäßig?

Polizisten seien zu keinem Zeitpunkt im Klassenzimmer gewesen, sagte Polizeiinspekteur Thomas Hampel im Innenausschuss, vielmehr habe sich der Morgen so abgespielt: N. wurde um kurz nach acht Uhr vom Schulleiter unter einem Vorwand aus der Klasse gebeten.

Polizeibeamte nahmen ihn auf dem Gang in Gewahrsam und erklärten ihm das weitere Verfahren der Abschiebung. Als ihnen Lehrer von N. entgegen kamen, gestatteten sie ihm, sich zu verabschieden. N. habe keinen Widerstand geleistet und sich kooperativ verhalten. Das jedoch sollte sich ändern.

Bei der Ankunft am Polizeiauto blockierten immer mehr Mitschüler die Abfahrt und protestierten lautstark. Die Polizei forderte Unterstützung an. Als N. sah, dass er von einem zweiten Auto abgeholt werden sollte, habe sich sein Verhalten geändert. "Er schlug wild um sich und versuchte, sich aus den Griffen zu lösen", sagte Hampel. Die Schüler in der Sitzblockade hätten sich kooperativ verhalten, die Beamten kommunikativ.

Laut Hampels Bericht gab die Polizei ihr Einverständnis, die Sitzblockade als spontane Versammlung anzusehen. Sie akzeptierte, dass sie erst aufgelöst werden sollte, wenn die letzten Interviews gegeben waren und gaben Getränke an die Demonstranten aus. Friedlich und deeskalierend nannte Hampel die taktische Leitlinie der Polizei. Vorbei mit dem Frieden sei es gewesen, als die Menge auf etwa 150 Demonstranten anschwoll, darunter linksautonome Aktivisten.

Hampel berichtete von massiven Angriffen: "Es wurde in den Rücken gesprungen, gegen Knie und Beine getreten, mit dem Ellbogen gegen den Hals geschlagen und mit Flaschen geworfen." Wenn Beamte zum Schlagstock griffen, dann Hampel zufolge nur zum eigenen Schutz. Zwölf der 53 Polizisten wurden verletzt, zwei seien mehrere Tage dienstunfähig gewesen.

Die Verletzungen reichten von einem abgebrochenem Zahn über Rippenprellungen bis zu Gelenkkapselverletzungen. Mit Einsatzstock und Pfefferspray habe man zum Schluss einen Korridor gebildet, um N. abzutransportieren. Der habe nach den Beamten getreten und im Auto gesagt: "In einem Jahr bin ich eh wieder hier und bringe Deutsche um." Gegen ihn wird deshalb wegen der Störung des öffentlichen Friedens und der Androhung einer Straftat ermittelt.

"Die Behörde hat getrickst und die Polizei musste es ausbaden"

Auch gegen 19 Demonstranten laufen Ermittlungen. Zwölf gehörten dem linksautonomen Spektrum an. Von Schülern sei keine Gewalt ausgegangen, auch seien sie nicht verletzt worden. Aufgrund von Medienberichten, in denen sich Schüler über Pfefferspray beschwerten, seien Ermittlungen eingeleitet worden, die aber nichts ergeben hätten, sagte Hampel.

Auch der Ausländerbehörde sei nichts vorzuwerfen, sagte Hans-Eckhardt Sommer vom Innenministerium. N. sei ausreisepflichtig, sein Asylantrag abgelehnt. Dass er einer Berufsausbildung nachging, sei falsch. Er habe zudem den Behörden ein Ausweisdokument vorenthalten. Nicht ungewöhnlich sei es, dass ihm sein Ablehnungsbescheid erst am Tag der Abschiebung gegeben wurde. N. habe noch den ganzen Tag Zeit gehabt, um einen Eilantrag beim Verwaltungsgericht zu stellen. Das Landgericht Nürnberg hatte bezweifelt, ob ein solches Vorgehen rechtsstaatlichen Grundsätzen entspreche.

Abgeordnete aller Fraktionen verurteilten Gewalt als Mittel der politischen Auseinandersetzung. Die Polizei habe besonnen und wie im Lehrbuch reagiert, hieß es von CSU und SPD. Während sie Abschiebungen aus Schulen in Ausnahmefällen billigen, lehnen Grüne und Freie Wähler diese ab. In den geschützten Raum einer Schule einzudringen sei "unmenschlich und nicht tragbar", sagte Katharina Schulze (Grüne).

Der Hinweis, N. hätte innerhalb eines Tages noch ein Eilverfahren in die Wege leiten können sei "mutig", sagte Eva Gottstein (FW). "Die Behörde hat getrickst und die Polizei musste es ausbaden", sagte sie. Dass dies rechtsstaatlich bedenklich sei, habe immerhin ein Gericht befunden, hieß es von den Grünen. Ein Gericht, das nicht zuständig sei, bemerkte Sommer. Eine Stellungnahme vom Verwaltungsgericht stehe noch aus.

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