NS-Bauten in Nürnberg:70 Millionen Euro für Erhalt der Zeppelintribüne

Zeppelintribüne in Nürnberg

Die Zeppelintribüne in Nürnberg verfällt immer mehr.

(Foto: dpa)

Sie bröckelt und ist feucht: Die Zeppelintribüne in Nürnberg soll nun aufwendig mit Lüftern getrocknet und vor Regen geschützt werden. Das Projekt könnte die Stadt über 70 Millionen Euro kosten - und wird sie noch auf Jahrzehnte beschäftigen.

Von Olaf Przybilla, Nürnberg

Mit einer belastbaren Zahl kann Daniel Ulrich noch nicht dienen. Intern aber, sagt Nürnbergs Baureferent, rechne man mit einem Betrag in Höhe von etwa 70 Millionen Euro, um die bröckelnde Zeppelintribüne auf dem ehemaligen NS-Reichsparteitagsgelände zu erhalten. Teile der Rednertribüne, einen Turm und Teile des Walls auf dem Areal haben Bautechniker in den letzten Monaten untersucht, ihre Erkenntnisse fasst Ulrich so zusammen: "Kurz gesagt: Es ist sehr schlimm." Ja, das Bauprojekt könnte am Ende durchaus weniger als die bisher erwarteten 70 Millionen Euro kosten. Es könnte aber, der Referent will sich da gar keinen Illusionen hingeben, "auch deutlich teurer werden".

Das größte Problem ist die Nässe. Kernbohrungen haben ergeben, dass die Natursteine nahezu aller Wände und Decken der ehemaligen Hitler-Tribüne maximal durchfeuchtet sind. So feucht sind die Steine, dass sie kein Wasser mehr aufnehmen und es bei Regen in Rinnsalen aus den Blöcken fließt.

Trocknen der Steine dauert Jahrzehnte

Mit einer "banalen Lüftungsanlage" soll nun trockene Außenluft ins Innere der maroden Tribüne geblasen werden. Dass das Problem so in absehbarer Zeit zu beheben ist - auch der Hoffnung will sich Ulrich nicht hingeben. "Das ist eine Sache von Generationen", sagt er. Etwa 50 Jahre dürfte es dauern, bis die porösen Steine so trocken sind, dass man die Lüftung bedenkenlos wieder abstellen könnte. Zuvor muss versuchsweise abgedichtet werden und da habe man sich nun drei Varianten überlegt: Ein Teil der Tribüne soll mit Brettern geschützt werden.

An anderer Stelle will man es mit einer Stahlfläche probieren. Andernorts mit einem provisorischen Dach. Eines ist Ulrich dabei wichtig: Es gehe nicht um Restaurierung oder gar Rekonstruktion eines der zentralen Nazi-Bauwerke in Deutschland. Der Stadt gehe es ausschließlich um den Erhalt und die Sicherung des bröckelnden Bauwerks.

Tribüne nicht für "tausend Jahre" ausgelegt

Notfalls auch mit Beton, wenn einzelne Steine nicht mehr zu retten sind. Und eines könne man jetzt schon sagen: Entgegen der Vorstellung, dass die monströsen Bauten auf dem Nürnberger NS-Areal für die Ewigkeit - oder zumindest die angeblichen "tausend Jahre" - gedacht waren, zeigten die Untersuchungen nun, dass es den Nazis viel eher darum gegangen sein muss, irgendwie den nächsten Parteitag stattfinden zu lassen. Notfalls auch mit höchst witterungsanfälliger Architektur.

Schon seit Jahren muss die Rückseite der Tribüne abgeriegelt werden: Gefahr für Leib und Leben, unter anderem wegen handtellergroßer Brocken, die aus der Fassade fallen. Würde die Stadt die denkmalgeschützte Tribüne sich selbst überlassen, müsste diese weiträumig gesperrt werden. Als historischer Lernort wäre sie dann verloren, sagt Kulturreferentin Julia Lehner. Man glaube, spätestens 2017 die Kosten tatsächlich benennen und dann bei Stiftungen, Land und Bund um Unterstützung werben zu können.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: